Dezember


Der zehnte Monat im altrömischen Kalender wurde Dezember genannt.
Nach Cäsars Kalenderreform wurde er der zwölfte und letzte Monat im
Jahr. Die alten Bulgaren nannten den Dezember auch noch prosinez
(abgeleitet aus dem altbulgarischen Wort für aufhellen – Bem. d. Übersetzers),
weil der Tag ab Dezember wieder länger wird. In manchen
Regionen Bulgariens nannte man ihn auch noch Nikolausmonat.

 

 

4. Dezember – Warwara (Barbara)

Im Strandschagebirge, im äußersten
Südosten Bulgariens, gibt es eine alte
Redewendung: „Barbara kocht, Sawa knetet,
Nikolaus schenkt aus!“
Am Tag der Hl. Barbara begannen einst
die Winterfeste der Bulgaren. Zu Ehren der
Hl. Barbara mussten die Hausfrauen kleine
Ritualbrötchen backen. In der Form der Sichel
waren sie für die Burschen bestimmt, in der
Form von Puppen – für die Mädchen. Man
kochte außerdem Weizen, Mais und Bohnen, die
man an die Nachbarn gab, damit sie gesund bleiben und die Kinder die Masern nicht bekommen.
Das Fest nannte man auch noch Frauenweihnachten, weil sich daran nur Frauen und Mädchen beteiligten.
An diesem Tag haben alle, die Warwara (Barbara) heißen, Namenstag.

5. Dezember – Sawatag

In der Volksmythologie bezeichnete man
diesen Tag als Fest des Hl. Androgyn
(Mannweib – Bem. d. Übersetzers). Deshalb
beschrieb man den Hl. Sawa in manchen
Regionen Bulgariens als Frau, die Schwester
von Barbara und Nikolaus sei. Woanders
bezeichnete man den Heiligen als Mann, der
Schutzherr der Wölfe ist.
An diesem Tag standen die Frauen, die
keine Kinder hatten, früh auf, um spezielle
Ritualbrote zu backen. Man glaubte, dass sie
im nächsten Jahr ein Kind auf die Welt bringen,
wenn sie das Brot an einem Kreuzweg an Reisende austeilt. Der Name des Heiligen kommt aus dem
Altgriechischen und bedeutet Samstag, Hellseher. Namenstag feiern alle, die seinen Namen tragen: Slawka, Slaw, Sawa.

6. Dezember – Nikolaustag

Das Fest galt dem Schutzherr und Gebieter über die Wasserkraft, der die Menschen in Seenot rettet. Er galt als Herrscher über Flüsse, Seen und Meere. In den alten Vorstellungen der Menschen war er ein alter,
grauhaariger Mann, der den Seemännern hilft. Eine Legende erzählt, wie der Hl. Nikolaus das Leck eines Schiffes mit einem Karpfen abdichtete. Deshalb gehört der schmackhaft zubereitete Karpfen zum Festmahl am Nikolaustag. Da das Fest in der Fastenzeit vor Weihnachten fiel, gab es auf der Festtafel auch die typischen Gerichte für diese Zeit: Weinblätterrouladen, gefüllte Paprikaschoten und gekochte fleischlose Speisen, wie Bohnen und Linsen. Die Hausfrau
durfte den ganzen Tag lang die Tafel nicht abräumen. Das Kreuz im Kopf des Karpfens musste man als Glücksbringer aufbewahren.
Der Name des Hl. Nikolaus wurde aus dem Namen der griechischen Siegesgöttin Nike abgeleitet. Am Nikolaustag feiern alle, die seinen Namen tragen, ihren Namenstag: Nikola, Nikolina, Nikolaj, Koljo.

9. Dezember – Hl. Anna

Nach altchristlicher Legende ist die Hl.
Anna Mutter Marias und Frau des Joachim.
Sie galt als Schutzheilige der Ehe, der
Familie, der Schwangeren und der Witwen.
An diesem Tag durften die Frauen keine
Hausarbeit verrichten, die Männer blieben zu
Hause, um nicht in die Falle der Nixen zu fallen.
Am Abend zündeten die Männer den
Stallmist vor der Haustür an, um die bösen
Kräfte zu verjagen. Die Hausherrin musste
genau achten, wer als erster am Tag der Hl.
Anna ins Haus kommt. War es ein Mann, so
sollten im nächsten Jahr mehr männliche Tiere auf die Welt kommen. Deshalb war es üblich, dass sich die Nachbarinnen als erste gegenseitig besuchten. Am Tag der Hl. Anna feierten alle Heiler und Kräuterfrauen.
An diesem Tag feiern alle, die den Namen der Hl. Anna tragen, ihren Namenstag.

12. Dezember – Spiridontag

In manchen Regionen Bulgariens nannte man das Fest auch noch Empfängnis. Gefeiert haben vor allem die Frauen und in erster Linie
die Schwangeren, die bald ihr Kind bekommen sollten. Die jungen Frauen, die sich ein Kind wünschen, wurden in bestimmten
Kräutern gebadet. Eine alte Legende erzählt, dass die anderen Heiligen Spiridon nicht gern mochten, weil er zu ahnenstolz sei. Eines Abends
versammelten sich die Heiligen in einem Wirtshaus. Die anderen befahlen dem Wirt, das Pferd und den Esel von Spiridon zuköpfen. Als der Diener von Spiridon das sah, blieb er sprachlos stehen. Spiridon wunderte sich aber nicht lange und sagte: „Setze ihnen
nur die Köpfe und sie werden wieder aufstehen!“ So tat es auch der Diener, aber er vertauschte die Köpfe. Dennoch standen die
Tiere auf und alle Heiligen konnten dieses Wunder nicht glauben. Aber sie mussten es anerkennen und ernannten Spiridon zum Heiligen. An diesem Tag feierten alle Handwerker, die Leder verarbeiten, sowie alle, die den Namen des Heiligen tragen.

17. Dezember – Danieltag

Einer christlichen Legende nach soll Daniel zum
Löwen herabgesetzt worden sein, der Löwe fraß
ihn aber nicht, sondern leckte ihn zärtlich ab. Er
symbolisierte die Persönlichkeit Christi.
Daniel wird von allen schwangeren
Frauen verehrt. Sie mussten Brote backen, die
sie an die Nachbarn gaben, um eine leichte
Geburt zu haben.
An diesem Tag haben alle, die Danail,
Daniel, Daniela heißen, Namenstag.

20. Dezember – Ignatiustag

Der Ignatiustag war im Volkskalender der
erste Tag des neuen Jahres .
Am Abend vor dem Festtag bereitete die Hausfrau die für den Ignatiustag typischen Mahlzeiten vor, die in der
Fastenzeit erlaubt waren, wie auch das Ritualbrot. Der erste Gast am Ignatiustag, genannt polasnik, nahm das Brot in die Hand und durfte es brechen. Er kostete von allen Mahlzeiten
und wünschte der Familie Gesundheit, Fruchtbarkeit und
Wohlergehen. Am ersten Gast am Ignatiustag deutete man auch das Jahr. War er reich, so sollten die Gastgeber keine Geldsorgen haben. War er glücklich, sollten die
Gastgeber auch glücklich sein. Anschließend ging die Hausfrau in den Garten und gab den Küken zu fressen, indem sie sich wünschte, dass sie nicht weglaufen.
Es war wichtig, dass die Hühner die Eier an diesem Tag im eigenen Stall legen. Das Ei symbolisierte den Ursprung der Welt und sollte deshalb zu Hause bleiben. Am Ignatiustag durfte man auch nichts außerhalb
des Hauses tragen, sondern Geschenke nach Hause bringen, damit das Jahr reich wird. Jeder sollte am Ignatiustag auch Kleingeld in der Tasche haben. Am Ignatiustag feiern alle, die den Namen des Heiligen tragen. Ignatius bedeutet im Lateinischen Feuer.

22. Dezember – Anastasiatag

An diesem Tag ehrten die alten Bulgaren die Sterbende Nastassja, eine mythologische Gestalt des Todes. Die alten Menschen fürchteten sie, weil sie alle hinmachen konnte, wenn sie nur erzürnte. Deshalb schauten
die Hausfrauen zu, dass sie die Nastassja an diesem Tag mild stimmen und verrichteten keine Hausarbeit. Sie durften nur Ritualbrote backen, die sie mit Honig bestrichen und den Nachbarn gaben. Damit ehrten sie die Verstorbenen.

24. Dezember – Heiligabend

Diesen Abend nannte man auch noch Weihnachtsabend, Weihrauchabend oder Christi Geburt. Am frühen Morgen mussten die Hausfrauen das besondere Ritualbrot bogowiza (abgeleitet vom bulgarischen Wort für Gott – Bog – Bem. d. Übersetzers) backen.
Die Töchter in der Familie bereiteten die kleinen Brötchen in halbrunder Form vor, die sie später den koledari (zu Deutsch:
Weihnachtsburschen – Bem. d. Übersetzers) schenkten. Früher war es üblich, dass man am Heiligabend auf dem Boden aß. Man streute
Stroh aus und darauf legte die Hausfrau ein weißes Leinentuch. Darauf stellte man die sieben, neun oder zwölf Fastmahlzeiten. Als
sich die ganze Familie versammelte,wird. Irgendwann nachts hörte man dann die Musik der gajda (zu Deutsch: Dudelsack – Bem. d. Übersetzers) und den Gesang der koledari (zu Deutsch: Weihnachtsburschen – Bem. d. Übersetzers). „Steh auf, Hausherr, steh auf, denn gute Gäste stehen vor der Haustür, gute Gäste, koledari, sie bringen gute Nachrichten und Segen, vom Herr – viel Gesundheit, von uns – viel Freude…“ Die Vorbereitung der eihnachtsburschen
begann noch während der Fastenzeit. Koledari durften nur Junggesellen werden. Sie versammelten sich bereits am Nikolaustag im Haus des Anführers, der verheiratet sein musste. Er kannte außerdem alle Bräuche und Traditionen des Dorfes. Die koledari sangen zu zweit. Die Gruppe der Weihnachtsburschen teilte sich in vier Paare. Außerdem gehörten dazu zwei jüngere Burschen, die die geschenkten Ritualbrötchen zu tragen hatten. Beim Umzug durch die Häuser lernten sie die Bräuche und die Lieder.
weihräucherte die Hausherrin das ganze Haus und die Speisen. Man setzte sich recht früh zum Abendbrot, damit auch das Getreide früh reif wird. Außerdem war es üblich, dass man Platz für die verstorbenen Verwandten ließ. Der älteste Mann in der Familie brach das Brot bogowiza und teilte jedem ein Stück aus, die verstorbenen Familienmitglieder mitgezählt.
Den ersten Bissen musste man hoch legen, damit die Kinder, die Tiere und das Getreide groß wachsen. Während des Abendessens
durfte niemand aufstehen, damit auch die Hühner von den Eiern nicht aufstehen. Der erste, der am Heiligabend nieste, hatte Glück, denn er bekam das erste Lamm im neuen Jahr versprochen. Die Junggesellen
und die unverheirateten Mädchen versteckten den ersten Bissen des Weihnachtsbrotes unter dem Bettkissen, denn sie glaubten, in dieser heiligen Nacht von der künftigen Braut oder dem Auserwählten zu träumen. An den Wallnüssen, am Mehl und am Feuer im Kamin deutete man, wie das nächste Jahr sein Zur Gruppe gehörte ferner der Dudelsackspieler. In jedem Haus sangen die Weihnachtsburschen spezielle Lieder für den Familienvater, die Hausherrin und jedes Familienmitglied. Der Umzug der koledari
endete in den frühen Morgenstunden des ersten Weihnachtstages, wenn sie in allen Häusern gewesen sind.
Am Heiligabend feiern alle, die Ewgeni, Ewgenija heißen, ihren Namenstag.

25.–27. Dezember – Weihnachten, Geburt Christi

Das Weihnachtsfest dauerte drei Tage lang. Früher ging man am Morgen in die Kirche
und anschließend versammelten sich alle auf dem Dorfplatz, wo die Ritualbrötchen der
unverheirateten Mädchen ersteigert wurden. Es war eine Frage der Ehre für jeden Junggesellen, das Brötchen seiner Auserwählten zu ersteigern, egal, was es ihm kostete. In der Umgebung von Jambol, Südbul-
garien, war es
Brauch, dass die koledari
am ersten Weihnachtstag
den letzten rituellen
Reigentanz buenek
tanzten.
Man glaubte, vergesse man an Weihnachten,
das ausgeliehene Salz zurückzugeben,
werde man Augenschmerzen haben.
Hörte man an Weihnachten einen Rausch am
Ohr, so bedeutete es, dass ein Schutzengel
vorbei gekommen ist. Deshalb musste man
sich drei Mal bekreuzigen und sich etwas
wünschen. An Weihnachten durften die
Kinder mit dem Feuer nicht spielen, sonst
würden sie sich nachts einnässen. Nach der
langen Fastenzeit aß man am Mittag, nach
der Messe in der Kirche, zum ersten Mal
Fleisch. Am ersten Weihnachtstag bereitete
man Schweinebraten vor. Lange Zeit galt das
Schweinefleisch als Armenspeise. In der
griechischen Mythologie symbolisierte das Schwein
die Fruchtbarkeit. Am ersten Weihnachtstag feierten
alle, deren Name mit dem Buchstaben R
beginnt, ihren Namenstag: Radka, Radko,
Radostin, Radost, Rumen, Rumjana.
Am zweiten Weihnachtstag haben alle
Namenstag, die den Namen Christi tragen:
Christo, Christina, Josif. Am dritten Weihnachtstag, dem Stephanstag, feiern alle, die den Namen des Hl.
Stephan tragen, ihren Namenstag: Stefan, Stefanka, Stanjo, Stanoj, Stoil, Stojan, Stojanka, Stanimir. Allen, die Namenstag an Weihnachten haben, schenkte man weiße Leinentücher und man tanzte Reigentänze für sie.

25. Dezember – 6. Januar Schmutzige Tage

In manchen Regionen Bulgariens nannte
man die Tage zwischen Weihnachten und dem Erscheinungsfest auch noch Tage der
karakondscholi (zu Deutsch: Bösewichte –
Bem. d. Übersetzers). Alten Überlieferungen
nach glaubten die alten Bulgaren, dass an
diesen Tagen alle Vampire, böse Geister und
Bösewichte auf die Erde kamen. Deshalb
schaute man an diesen Tagen zu, noch vor
Sonnenuntergang nach Hause zu kommen.
Während der schmutzigen Tage durfte man
auch keine Feste feiern – keine Hochzeiten,
keine Verlobungen, keine Totenmessen und
keine Spinnstubenabende.
Die Mütter nähten den Kindern Knoblauchzehen an die Kleider an, um sie vor
den bösen Geistern zu schützen.

 

 

 

 

 

Die Feste der Bulgaren sind wie Glutasche
aus dem Hauskamin der Vorfahren.
Die Glutasche entfacht immer
dann zu einem wärmenden
Feuer, wenn sie die Zukunft der Nachkommen segnet.

 

 

 

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