Формиране на старобългарската култура VI-XI век
Станчо Ваклинов
Gestaltung der altbulgarischen Kultur
Stantscho Vaklinov
Zusammenfassung
Die Entstehung des bulgarischen Staates ist keine zufällige Erscheinung in der Geschichte des europäischen Südostens. Sie ist ein Glied des allgemeinen Vorstoßes der «barbarischen» Völker gegen das Östliche und Westliche Römische Reich, ein Zeitabschnitt in der Bildung der neuen europäischen Kultur des Mittelalters.
Die Erschaffung eines Staates von den kurz vorher noch in den Steppen am Schwarzen Meer nomadisierenden Protobulgaren, seine allmähliche Slavisierung und Umwand-lurig in eine ihrem Charakter nach mittelmeer-balkanistische Formierung, ist das Ergebnis vor allem der inneren gesellschaftshistorischen Entwicklung der beiden ethnischen Komponenten, auf welchen sich seine Stärke aufbaut — die Slaven und die Protobulgaren. Dieser Staat verkörpert den Abschluß sozialer und ökonomischer Prozesse, die weit entfernt in den Ländern am Unterlauf der Donau und am Balkan — bei den Slaven In den mittel- und osteuropäischen Gebieten, und, in den Steppen Innerasiens und des Schwarzen-meergebietes, bei den Protobulgaren, begonnen haben. Zur gleichen Zeit ist die Entstehung dieses Staates im Jahre 680 der Beginn einer komplizierten gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung, die das bis dahin von den Bewohnern des alten Imperiums als «barbarisch» angesehene Land in einen Herd neuer Zivilisation von gesamteuropäischer Bedeutung verwandelt.
Die mittelalterliche bulgarische Kunst und Kultur teilt das schwere Los des bulgarischen Staates und des bulgarischen Volkes. Im Prozeß verknüpfter künstlerischer und kultureller Wechselwirkungen schon während der ersten zwei Jahrhunderte des Bestehens des Staates entstanden, erlangen sie in den folgenden zwei Jahrhunderten Beständigkeit und Stärke, die es ihnen ermöglichen, alle Wechselschläge des historischen Schicksals des Volkes und des Staates zu überstehen, weil sie nicht nur und nicht so sehr mit dem Staat als solchen, als mit dem Volk selbst verbunden sind. Zweimal verschwindet Bulgarien von der Landkarte Europas, die bulgarische Kunst besteht aber weiter. Sie besitzt die Kraft, die politischen Erschütterungen zu überstehen, neue Formen anzunehmen und sich zu bereichern, ohne ihre Rolle als Träger der Tendenzen im geistigen Leben des Volkstums einzubüßen. Die bulgarische Kunst und Kultur sind unverbrüchlich mit dem Geschick des bulgarischen Volkes verbunden.
In der Entwicklung der bulgarischen materiellen Kunst und Kultur während des Mittelalters lassen sich mehrere Zeitabschnitte unterscheiden, die mit der Entwicklung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens des bulgarischen Volkstums zusammenfallen.
Ein wichtiger Zeitabschnitt ist, vor allem, die der Gründung des bulgarischen Staates vorangehende Periode. Das ist die Zeit, da die Kultur der einzelnen Komponenten des bulgarischen Volkstums ein eigenständiges Leben führt, eng verbunden mit dem Leben
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ihrer Träger, bevor dieselben in Verbindung miteinander getreten waren. Diese Periode ist sehr lang. Bei den einzelnen ethnischen Gruppen — Slaven, Protobulgaren — beginnt diese Periode zu verschiedener Zeit, seitdem überhaupt unter den archäologischen Denkmälern charakteristische Kennzeichen ihrer Sippen- und Volkskultur identifiziert werden können. Wenn die Anzeichen einer protoslavischen Ackerbaukultur in den waldigen Bezirken Mittel- und Osteuropas mit gewissen Vorbehalten als Denkmäler aus der ersten Eisenzeit, d. h. etwa um das Jahr 1000 v. u. Z. erkannt werden können, ist es bedeutend schwieriger, unter den frühen Denkmälern des hunnischen Sippenverbandes vom II.—I Jh. v. u. Z. aus den zentral asiatischen Steppengebieten jene Züge herauszufinden, die sich während der folgenden Jahrhunderte als typisch und den protobulgarischen Stämmen eigen erwiesen haben. Die Schwierigkeit der Aufgabe wächst auch noch durch die Tatsache an, daß die materiellen Denkmäler, die Aufschuß über das Leben und die Kultur von Nomadenvölkern geben, recht spärlich sind; ein solches Nomadenvolk aber waren die Protobulgaren im Laufe von mehreren Jahrhunderten und obgleich diese selten vorkommenden Denkmäler reich an kulturhistorische Semantik sind, so bleiben sie in den meisten Fällen anonym unter den Funden, die die übrigen Steppenbewohner aus der ersten Hälfte des Ersten Jahrtausends v. u. Z. betreffen. Auf die Kultur der Protobulgaren fast bis zu ihrer Niederlassung am Unterlauf der Donau und bis zur Gründung des bulgarischen Staates läßt sich aus jenen allgemeinen Zeichen schließen, die für sämtliche, nach den Hunnen in Europa auftauchenden Nomadenvölker bezeichnend sind.
Zur gleichen Zeit, als sich die beiden ethnischen Grundkomponenten des bulgarischen Volkstums weit entfernt von den Gebieten der unteren Donau und des Balkans befinden, entwickelt sich in den alten Provinzen des einstmaligen Römischen Reiches, die jetzt an Byzanz gefallen sind, die lokale provinzielle byzantinische Kultur. Träger dieser Kultur sind die Bewohner des Balkans, ihrem Ursprung nach Thraker, jedoch hellenisiert oder romanisiert und außerdem stark gemischt mit Zukömmlingen aus fast allen Ostprovinzen des großen byzanthinischen Reiches. Außer diesen Siedlern, die gewöhnlich die Städte bewohnten, waren weite Landstriche der Halbinsel von barbarischen Stämmen besetzt, die von der Zentralregierung des Reiches in einzelnen Gruppen angesiedelt waren. Auf diese Weise, nachdem im VI. und VII. Jh., als Folge langjähriger Kriege, sich die Slaven auf der Halbinsel festsetzen und nach ihnen auch die Protobulgaren, entsteht auf der Balkanhalbinsel ein ethnisches Konglomerat, in dessen Kultur die provinziellen römischen städtischen Traditionen vorherrschen. Die ansässige thrakische Bevölkerung, soweit sie sich der jahrzehntelangen, verheerenden Einfälle erwehren konnte, verbleibt nur in den Gebirgegegende und tritt mit den Bewirtschafter der bebauten Felder und Flächen erst während der folgenden Jahrhunderte in Verbindung, als der Bulgarische Staat bereits besteht.
Die mittelalterliche bulgarische Kultur kommt mit der Gründung des Bulgarischen Staates auf. In komplizierten Gestaltungsprozeß der neuen Kultur der Slaven und Protobulgaren, die im X. Jh. ein ethnisches Ganzes, ein neues slavisches Volkstum bib den, spielt der Staat eine außerordentliche bedeutende Rolle. Schon bei der Gründung des Staates wird die zentrale Staatsregierung zum Entwicklungsfaktor einer Kultur, die für die traditionsmäßige Kultur der Slaven und Protcbulgaren etwas Neues darstellt. Auf dem Gebiet der materiellen Kultur und der Kunst werden bereits zwei Entwicklungsrichtungen unterschieden. Einerseits entwickeln sich die alten, traditionellen Formen der materiellen Lebensweise fort, fest verbunden mit der einfachen Lebensweise des Landmannes und Viehzüchters. Andererseits bildet sich eine materielle Kultur und besonders eine Kunst heraus, eine Kunst, die danach strebt, die für die Zentralregierung passendsten, monumentalen Formen zu finden. Es entsteht die monumentale Kunst, die vor allem in den Bauwerken der Architektur zum Ausdruck kommt.
Erste Sorge der ersten Herrscher des neuen Staates ist selbstverständlich die Errichtung des neuen Staatszentrum, das schon im VII. Jh. in Pliska, heute in Nordostbulgarien, geschaffen wurde. Die Befestigung der Zentralresidenz des Khans richtet sich selbst-
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verständlich vor allen Dingen nach den Forderungen der Sicherheit. In den Befestigungsanlagen lassen sich jedoch zwei große Traditionen im Bauwesen erkennen:
Pliska ist ein riesiges Lager von 23 qkm Fläche, gesichert durch zwei Verteidigungs-ringe. Der äußere Ring besteht aus einem Erdwall, im Sinne der barbarischen Traditionen. Die Innenstadt liegt fast genau in der Mitte der so abgesicherten Fläche und besteht aus einer massiven, in Stein ausgeführten Festung, für die behauene Kalksandsteinblöcke verwendet wurden. Dieselbe Bauweise in Stein fand Anwendung auch beim Bau der ersten großen Repräsentationsgebäude, wie diese in der Mitte der inneren Festung. Bei einigen der Gebäude wurden auch Backsteine verwendet und all dies verleiht dem Schloßzentrum ausgesprochene Monumentalität. Die großen Gebäudekörper der zum Schloß gehörenden Gebäude heben sich kraß von dem Hintergrung der gewöhnlichen Nomaden-Wohnbauten— den sogenannten Jurtas— sowie den gewählichen zur Hälfte im Boden steckenden Hütten des ansässigen Bauernvolkes ab. Im Verwaltungszetrum des neuen Staates erscheint somit monumentale Architektur, die der slavischen und proto-bulgarischen Lebensweise in Technik und Form ziemlich fremd sind. Die Wurzeln dieser Architektur, ihre Traditionen, sind auf Byzanz und den Nahen Osten zurückzuführen. Von dort kommen ebenso auch die planmäßigen Anlagen und die totale architektonische Konzeption. Darin liegt natürlich nichts Außergewöhnliches. Zur Zeit, als noch gegen Ende des VII. Jhs. und während des VIII. Jhs. der Bau des Schloßzentrums von Pliska beginnt, verfügt Bulgarien noch über keine Erfahrungen, kann sich auch nicht der Überreste an Bauerfahrungen der ansässigen Bevölkerung bedienen, die in den Städten südlich des Haemus übrig geblieben war. Die bulgarischen Sippen- und Stammesaristokratie ist genötigt, sich für ihre Zwecke an fremde Meister und entferntere Vorbilder zu wenden. So haben auch viele andere Herrscher im frühmittelalterlichen Europa gehandelt. Es genügt hier, das Beispiel des Bauprogramms Karls des Großen in Aachen anzuführen.
In Bezug auf die monumentale Architektur ist die ganze Epoche, die der Erweiterung Bulgariens südlich des Haemus zu Beginn des 9. Jhs. vorangeht, eine Zeit des Su-chens und der Versuche. Neben dem großen befestigten Schloß von Pliska sind Wohnungsbauten außer gewöhnlichen Typs zusehen, ein schematisch sich wiederholender Plan einer dreiteiligen Wohnung, dreiteilige Bäder mit Hypocaust unter dem Boden — nach klassischer Art, riesige Wasserzisternen mit komplizierten Wasserleitungs- und Kanalisationsanlagen usw. Des weiteren befinden sich im Schloßzentrum und außerhalb desselben massive Gebäude mit einem Grundriß von zwei eingetragenen Vierecken oder Rechtecken, die mit gewisser Wahrscheinlichkeit als Gotteshäuser angenommen werden können, ferner ein Kultusgebäude in Form eines in einem Kreis eingetragenen Kreuzes. Die seltsamen, für die Epoche und den Ort ungewöhnlichen Pläne und des zweifellos weitgreifende Bauprogramm der ersten hundert Lebensjahre des Staatszentrums, zeigen nicht nur den Ekkletismus der Erbauer und Bauherren — etwas Unvermeidliches — sondern auch die offensichtliche Bemühung, keine Formen aus der christlichen Welt zu wiederholen oder zu entlehnen.
Denselben Sinn verraten auch die wenigen Denkmäler einer anderen monumentalen Kunst in Bulgarien um diese Zeit — der Bildhauerkunst. Fast das einzige und verhältnismäßig gut erhaltene Denkmal aus dieser Epoche ist der Reiter von Madara, der ein iranisches Motiv in sowohl ikonographischer als auch stilistischer Hinsicht neuer Bearbeitung darstellt. Der Sieger und Beherrscher Bulgariens hinterläßt ein Zeugnis für die Jahrhunderte in seiner Abbildung und den Inschriften darum, die zu einem eigenartigen res gesta des bulgarischen Staates während der folgenden anderthalb Jahrhunderte werden.
Es ist kein Zufall, daß dieses Denkmal an einer Stelle errichtet wurde, die seit Jahrhunderten, in der hellenischen und römischen Epoche, Mittelpunkt für die Ausübung von Kulten war, später, während der byzantinischen Zeit, dem frühen Christentum diente, um während der Zeit des Ersten bulgarischen Staates zum Mittelpunkt eines neuen Kultes, diesmal des großen Gottes der Türki namens Tengri zu werden. Tempel und Schlösser unter den Felsen von Madara setzen eine neue staatsreligiöse Ideologie durch, die dazu
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berufen ist. die Autorität des Khans und Pristers Tengris zu fertigen und in seiner Person — die Autorität des neuen Staates.
Das neunte Jahrhundert ist für die Geschichte der bulgarischen Kultur von ganz besonderer Bedeutung. Vor allem ist es die Erweiterung des Reiches nach dem Süden des Haemus, die Einverleibung bedeutender Gebieteven Thrakien und Mazedonien mit ihren, den heutigen Einwohnern Nordbulgariens verwandten bulgarischen Slaven, der Anschluß weiterer großer Gebiete jenseits der Karpathen, in der Ebene der mittleren Donau, verwandeln das Land nicht nur zu einer ungeheuren politischen Macht, sondern auch zum Nachfolger lebendiger und aktiver Städtzentren, die bis dahin mit dem Leben des byzanthinischen Reiches verbunden waren. Eine noch grössere Bedeutung für das innere und kulturelle Leben des Landes ist der Zunahme der slavischen Bevölkerung in Bulgarien zuzuschreiben, ein Umstand, der sich auch auf den weiteren Gang der ethnischen und kulturellen Entwicklung des Staates auswirkt.
Während dieser Epoche beschränkt sich die Bautätigkeit nicht mehr allen auf die Hauptstadt — dem zentralen Ongle (Augenmerk) des Staates. Es werden befestigte Resi-denzehfürden Khan auch außerhalb vonPliska gebaut. Eine dieser sogenannten Aulen wird sich gegen Ende des Jahrhunderts zu einerneuen Hauptstadt des Landes verwandeln —nämlich Preslav. Aber auch in der alten Hauptstadt geht die Bautätigkeit im bisherigen Sinne weiter. Ein neues Programm macht es sich zur Aufgabe, das im bulgarisch-byzantischen Krieg von 811 zu Schaden gekommene Schloßzentrum umzubauen. Es wird ein neuer Thronsaal gebaut, neue Wohngemächer für den Herrscher. Die Residenz des Khans wird лоп den ringsrum lebenden Einwohnern der Innenstadt durch eine neue massive Backsteinmauer geschieden. In den Aulen der Umgebung werden neue Residenzen eingerichtet. In dieser Periode behält die Architektur ihren monumentalen und strengen Charakter. Zum Repertoir der Erbauer und Bauherren gehört jetzt auch der Basilika-Typus für öffentliche Repräsentationsgebäude.
Dem Gesamtgeist der monumentalen Architektur entspricht auch die bescheidene Rolle der Bildhauerkunst, von der wohl kaum mehr als zwei sichere Denkmäler erhalten geblieben sind — das eine ist eine Löwenfigur von Pliska und das andere — eine solche von der Aula beim Dorf Zar Krum. Beide sind verschieden und geben den Ekkletismus im Kunstgeschmack jener Zeit wieder. Der gemeißelte Zierat der architektonischen Gebäude wird auch in dieser Epoche von Spolien zum Ausdruck gebracht, die aus den Ruinen älterer Gebäude stammen, wie dies in dieser Zeit in ganz Europa üblich ist.
Die glänzendste angewandte Kunst, die den Kunstgeschmack der heidnischen Epoche Bulgariens wiederspiegeln, ist die Goldschmiedekunst. Mehrere Gürtelgarnituren, von verschiedenen Orten stammend, illustrieren die Formenvielfalt und Motive der Ornamentik. Es erscheint voll ko m men natürlich, daß sich diese Kunst in Blüte befindet, da ihre tiefen Wurzeln bis in die Kunst und Kultur besonders der Protobulgaren reichen, deren vornehmen Geschlechter sich an die Spitze des neuen Staates stellen. An der Grenze zwischen zwei Epochen liegend erweist sich ein im Banat gefundener Schatz, einer ehemals vor dem Eindringen der Magyaren in die mittlere Donauebene, bulgarischen Provinz — der Schatz von Nagy Saint Miklos. Seine unscheidbare Verbundenheit mit der bulgarischen Toreutika und Goldschmiedekunst erhellen aus den in Bulgarien selbst gemachten Ausgrabungen, wie z. B. der Pokal des berühmten Jupan Sivinvon Preslav, der Rirgvcn Matniza und eine Reihe anderer in Bulgarien aufgefundenen Zierate sowie die Inschriften und Titel auf einigen von den Gefäßen.
Die Entwicklung der frühbulgarischen Kunst und Kultur verfolgend, ihre repräsentativen Denkmäler und zahlreichen Gegenstände der angewandten Kunst und des Brauchtums, muß ein gemeinsamer Prozeß, der sich in ihnen abwickelt, angeführt werden — nämlich: der allmähliche Übergang von der primitiven innerkontinentalen Kultur mit starken Erlebnissen der Geschlechter- und Stammestraditionen — zur Balkan- und Mittelmeerkultur, unier dem Einfluß der seinerzeitigen byzantinischen Nahostzivilisation.
Etwa in der zweiten Hälfte des 9. Jhs. zeigen die mit der Lebensweise der Bevöl-
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kerung verbundenen Formen bereits eine einheitliche Kultur, entstanden aus den verschiedenen traditionellen, zu einem untrennbaren Ganzen verbundenen Kulturen сет Slaven und Protobulgaren. Während auf dem Gebiet der monumentalen Kunst besteht ein fühlbarer Unterschied zwischen der Kultur der gewöhnlichen Bevölkerung, die ihre Wohnungen abseits baut, und der Kultur der herrschenden Stammesaristckratie, die sich zur feudalen Aristokratie umzuwandeln beginnt, ist ein derartig kraßer Unterschied in den gebrauchten Baustoffen nicht festzustellen. Die massenhaft in den Schlössern verwendeten Baustoffe sind die gleichen wie die für die teilweise in die Erde eingebauten Hütten.
Während der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts erlebt die bulgarische mittelalterliche Kultur eine gründliche Wandlung.Bulgarien nimmt das Christentum als offizielle Staatsreligion an und reiht sich damit unter die übrigen Staaten in Europa ein, die die Nachfolger der alten römischen Provinzen im Osten und Westen sind. Das gestern noch heidnische Land gleicht sich jetzt mit den anderen Ländern des frühmittelalterlichen Europa aus, und zwar nicht nur in seiner politischen Bedeutung als wichtiger Faktor im Leben Südeuropas, neben Byzanz und den Karolingern, der er schon seit Beginn des Jahrhunderts ist, sondern auch in seiner Kultur.
Die bulgarische Religionfrage wird zu einem wichtigen politischen Problem, das die östliche gegen die westliche Kirche mit aller Entschiedenheit Stellung nehmen läßt. Ein wichtiger Faktor der Kultur, der die Entwicklung des Landes vorantreibt, ist die Einführung der slavischen Schrift und der altbulgarischen slavischen Sprache als offizielle Sprache des Landes. Die griechische Sprache, die bis dahin die Rolle einer besonderen Art Vermittlung für die Staatskanzlei zwischen dem protobulgarischen Türki und der Sprache der slavischen Bvölkerung der Halbinsel gespielt hat, tritt jetzt in den Hintergrund. Aus Nähren vertrieben, finden die Schuler Kyrills und Methodius eine Heimat in Bulgarien und die volle Unterstützung des bulgarischen Fürstenhauses. Ihr Werk ist das Erscheinen einer erfrischenden, originellen Literatur in altbulgarischer Sprache, die anfangs vor allen Dingen in den Dienst ausschließlich der Kirche und der neuen christlichen Ideologie gestellt war. Die letzten Jahrzehnte des 9. Jhs. bedeuten auf dem Gebiet des gesamten Kulturlebens des Landes einen großen Umschwung und den Beginn einer neuen Blüte. Der gesamte Aufschwung Bulgariens während der ersten Hälfte des 10. Jhs. führt das Land zu allseitiger politischer Blüte. Einen Widerhall dieser Blüte finden wir besonders stark ausgeprägt in der angewandten und der monumentalen Kunst. Ein besonderer Herd der Kultur wird während dieser Epoche die neue Landeshauptstadt — das Große Preslav, aufgebaut unter der Sorgfalt eines ehrgeizigen und kulturvollen Herrschers — des Fürsten und Zaren Simeon. Intensive Kultur-, Bau-, künstlerische und literarische Tätigkeit wird in den westlichen Teile Bulgariens entfaltet, diezur Diözese der Jünger von Methodius — KHment und Naum — werden; letztere wurden von Fürst Boris Michail mit besonderer kirchlich-kultureller Mission in das Gebiet der großen mazedonischen Seen Kutmits:hvitza und Devol hierhergesandt.
Der Charakter der altbulgarischen Kultur im X. Jh. äußert sich am entschiedensten in der Bautätigkeit und dem Kunstleben der Hauptstadt Preslav. Außer der Erweiterung der Stadt und ihrer Befestigung, wird eine Rekonstruktion des Schloßbezirks einschließlich Neubauten vorgenommen. Das Schloß selbst wird durch den Anbau neuer Gebäude erweitert. Hinter den Repräsentationsgebäuden des Schlosses wird ein besonderer Hof mit Wohnungs- und Wirts±aftsbauten angelegt. Das in seinem weißen Stein leuchtende Ensemble der Stadt mit ihrem Schloß hebt sich eindrucksvoll vom gebirgigen Hintergrund mit seinen Firnen ab, an dem sich die Festungsmauern der Außenstadt entlangziehen. Außerhalb der Stadtmauern, in den duftigen Tälern des Vorgebirges, kuscheln sich Klöster und Landhäuser, die von gelehrten Mönchen und Schriftstellern sowie Vertretern der feudalen Aristokratie bewohnt werden. Im Ganzen stellt die neue bulgarische Hauptstadt ein malerisches, befestigtes Burgschloß dar, eine Fürstenresidenz, die sich im Laufe der Jahrzehnte dann allmählich, ihrem inneren Leben entsprechend zu einer typischen Stadt der feudalistischen Epoche entwickelt.
In der Zeit vom 8. bis 10. Jh. bietet auch die Bildhauerkunst interessante РгоЫе
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Auf der Balkanhalbinsel und in ganz Europa gibt es in der gemeißelten Ornamentik zu dieser Zeit gewisse Formen und Technike aus der antiken und frühbyzantinischen Epoche. Die allmähliche und langwierige Auswertung der Nachlassenschaft und die Schaffung eines neuen Stils, der in Inhalt und künstlerischen Formen bereits dem Mittelalter entspricht, endet hier mit einem Phänomen, zu dessen balkanistischen Charakter die Bezeichnung «Vorromanischer Stil» nicht gerade paßt. Die Untersuchung diser Art Denkmäler aus Bulgarien ergibt die offensichtliche Beziehung dieser Schöpfungen zu den während dieser Epoche in den Ateliers von Byzanz geschaffen. Das reichhaltige Repertoire an Formen zeigt eine außergewöhnliche Vielfältigkeit dekorativer Motive und Techniken. Da sind z. B. anzutreffen: die antiken Akant, Owule, Cannelure, aber noch häufiger, Weinblätter, Reben, verdorrte und grobe Wasserblätter dicht verteilt auf großen Flächen geometrische Kompositionen von Rosetten und Palmetten. Besonders charakteristisch für die Skulptur der 9. und 10. Jh. sind die Verflechtungen von Tier- und Pflanzenmotiven in den dekorativen Verzierungen. Der Griffon und der Hase werden mit Vorliebe zu derartigen Motivkompositionen herangezogen.
Die Friese heben sich mit ihrer reichhaltigen Harmonie verschiedener Motive besonders ab; am meisten verbreitet ist die Kombination des Torus mit Dentikuli in verschiedenen Variationen. Dieser Reichtum an Bildhauerwerken vom Ende des 9. und Beginn des 10. Jhs. ist in der zweiten Hauptstadt Bulgariens — Preslav — zu sehen. Es gibt aber auch Denkmäler, deren bildhauerischer Schmuck in Stil und Reichtum zu den außergewöhnlichen Erscheinungen zählt, wie sie selten in der Kunst des byzantinischen Stils dieser Epoche zu finden sind. Vollkommen ungewöhnlich für die klassische Bildhauerkunst sind die Pflanzenmotive und ihre Kombinationen auf einigen Friesen, die Kapitele mit zoologischen Protometa, der Rhythmus und die Eleganz der Palmetten und die Blätter in der Runden Kirche. Einige davon weisen den Einfluß der alten Schulen der östlichen Bildhauerdekoration auf. All dies, kombiniert mit Marmordetails, inkrustiert mit vielfarbiger, glasierter Keramik, verleiht der steinernen Verzierung eine Originalität, die kaum ihresgleichen in der östlichen Kunst hat.
Lange Zeit vor der Entstehung des echten romanischen Stils in der mittelalterlichen europäischen Bildhauerkunst, erscheinen in Preslav stilmäßig und technisch hervorragend ausgeführte Bildhauerwerke in natürlicher Ausführung. Das sind Elemente in den äußeren Verzierungen der Kirchenfassaden, die spätestens aus der Mitte des 10. Jhs. datieren. Köpfe von Löwen und Löwinnen, Dachrinnen mit Löwenschnautzen stehen in bester Harmonie zur prächtigen Ornamentik der Friese mit Torus, Denticuli, «Wolfzähnen» und den herkömmlichen Blättern. Die Ausdrucksfülle der großen, stilisierten Köpfe erhöht sich weiter durch ein Farbenelement — Augen und eingeschürfte Linien in roter Färbung, mit inkrustierter Paste aus Mörtel, gemischt mit feingemahlenem Backstein. Nach einem ausdrucksvollen Affenkopf zu schließen, muß es in der Kirche auch Teile gegeben haben, die mit anderen Tieren geschmückt waren.
Dieser Reichtum an zoologischer Verzierung, die Reife des Stils, der künstlerischen Ausführung und der Kombination der verschiedenen Techniken sind das Produkt einer Evolution der bulgarischen Bildhauerkunst, die langerais zwei Jahrhunderte anhält. Am Anfang dieser Evolution steht das monumentale Felsenrelief des Reiters von Madara — eine ferne Reminiszenz der antiken iranischen Kunst. Die verschiedenen Etappen des Heranreifens des neuen mittelalterlichen Stils sind durch genre mäßig, verschiedene Schöpfungen dem dekorativen Inhalt und der Vollkommenheit der Ausführung nach verschiedenen Gekennzeichnet, in welchen die antiken Prinzipien evoluieren, um fernerhin unkenntlich zu werden. Dieser Prozeß vollzieht sich langsam und ist unendlich; er nimmt eine ganze Epoche der künstlerischen Schulung ein, in der sich barbarische Geschmäcker mit byzantinisch-iranischen Techniken und Repertoires vermischen. Die späteren Schöpfungen mit denselben Motiven (zum Beispiel die bevorzugten Löwenköpfe) unterscheiden sich sehr durch den Platz, den sie einerseits den klassischen hellenistisch-römischen Motiven und Techniken und andererseits den «romanischen» Motiven und Techniken einräumen. Die Verschiedenartigkeit, die wenig ekklektischen Charakter trägt, erreicht in den Schöp-
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fungen des 9. und 10. Jhs. in ihrem Suchen und ihrer Realisierung einen Zustand, in welchem die «vorromanischen» Züge in der Vitalität der Motive, die Sujets und Techniken sich der Spätantike nähern. Die Neuheiten in dieser Evolution, die der antiken Kunst den zu romanischer Kunst ebnet, erscheinen im östlichen Raum der Balkanhalbinsel, zugleich mit den Schöpfungen der Bildhauerkunst in den westlichen Gebieten der Balkanhalbinsel und hauptsächlich in Dalmatien. Die Entwicklung der Bildhauerkunst im mittelalterlichen Osten und Westen im 8.—10. Jh., das Erscheinen der «vorromanischen» Bildhauerkunst und ihre Weiterentwicklung zur romanischen im östlichen Mittelmeergebiet, kann auch die östliche Gebiete des Balkans umfassen. Es kann aber nicht behauptet werden, daß die hier gebrauchten zwei Termini in irgendeiner Beziehung zum romanischen Westen stehen. Wenn wir dabei in der Bildhauerkunst Züge und Tendenzen entdecken, die der vorromanischen dalmatinischen Bildhauerkunst und derjenigen von Italien nahestehen, ist doch die Entwicklung auf dem Gebiet der Architektur ziemlich verschieden von derjenigen des Westens.
Das frühe Mittelalter hat uns keine Werke der monumentalen Malerei übermacht. Die unter der Bezeichnung Preslaver Keramik bekannte bemalte Keramik gibt uns die Möglichkeit, einen Blick auf dieses unklare Gebiet der Kunst im Nordosten des Balkans zu werfen.
Es sind viele Angaben über den lokalen Charakter dieser keramischen Erzeugung vorhanden: Werkstätten und Öfen, halbfertigege Erzeugnisse mit Spuren der Vorarbeit, Ausschuß, Rohstoffe und Werkzeuge. Manche Funde lassen darauf schließen, daß sich diese Kunst von Anbeginn an auf hohem stilistischen und künstlerischen Niveau befunden hat; andererseits, daß die Künstler, nachdem sie über die reinen, weißen Flächen der Kacheln und Gefäße verfügten, dieselben zusätzlich mit Erdfarben und Glasuren bemalten; Das Ornamenterepertoire ist außergewöhnlich groß und originell. Die Anwendung dieser Art Dekorationsmittel ist außerordentlich groß und vielseitig — angefangen von Täfelungen mit Ornamenten, Inkrustierungen in opus sectile, kleine Ikonen aus einer oder zusammengesetzt aus mehreren Fliesen, Quadrate mit altbulgarischen, kyrillischen Inschriften oder mit griechischen Texten. Viele grobe Fliesen, an denen die allmähliche Realisierung weißer, manchmal auch rosafarbener Farbtöne festzustellen ist, sprechen von einer gewissen Entwicklung hier, auf bulgarischem Boden. All dies läßt uns vermuten, daß diese Kunst, abgesehen davon, daßsie in ihrem fortgeschrittenen Stadium von auswärts übernommen worden war, auch seine eigene lokale Entwicklung durchmachte, und sie zu ihrem Höhepunkt und Vollendung brachte. Indirekt läßt sich das an den vielen Ausgrabungen von Keramik für den Hausgebrauch aus derselben Epoche in Nordostbulgarien festzustellen, wo es viele Kaolinvorkommen gibt. Es ist die Tendenz zu erkennen, hellen Werkstoff zu verwenden. Doch, während die Frage nach der Zeit dieser künstlerischen Fertigung ziemlich geklärt erscheint, — zweite Hälfte des 9. Jhs. und 10. Jh. —, so ist der Ursprung dieser Keramik noch in Frage gestellt. Einzelne Funde auf der Krim (Bakla) und in Nessebar (Messemvria), die sich mit unseren Beispielen decken, zeugen eher von einer Verbreitung dieser Preslaver Fertigung. Isoliert bleibt die bemalte weiße Keramik von Athen und Korinth und vor allem diese von den Konstantinopler Schlössern zurück.
Das Ornamentrepertoire der bemalten Preslaver Keramik trägt im Großen und Ganzen östlichen Charakter. Sie kann mit dem Stil der Keramik aus der Epoche der Abassiden in Verbindung gebracht werden, doch ist der Ursprnng unklar. Vielsagend ist der Stil der Figurenzeichnungen. Kleine Engel, Heilige, die Mutter Gottes und das Christuskind zeigen den Stil der Malerkunst in der frühbyzantinischen Epoche, die der Gestaltung des klassischen byzantinischen Stils des 9.—10. Jhs. vorangeht. Es genügt, die ausdrucksvolle lineare Technik, die Frontalität und die Ausdruckskraft der Antlitze anzuführen, die begrenzte Geste und noch beschränkte Tonalität, sowie einige weitere Züge, die diese Keramik-«Malerei» der Zeichnung für illustrierte Manuskripte aus der Epoche des Bilderstürmtums näherbringt. Die einzige monumentale, gut erhaltene Figur ist diese auf der keramischen Ikone mit Sankt Theodor vom Kloster in der Ortschaft Patleina, die aus zwanzig quadratischen Fliesen zusammengestellt ist. Die
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Wirkungskraft und der außergewöhnliche Kunstwert dieses Bildes liegen in der ausdrucksvollen Frontal ität, der Tiefe des Blickes, dem Gesichtsoval und den harmonischen dichten Massen des Bartes und Haupthaares, sowie in den vom Künstler und Keramiker gebrauchten ockerbraunen Farbtönen. Letzterer bringt durch die Verschiedenheit der Ausführungstechniken das hohe Niveau der Künstler und Dekorateure zum Ausdruck, ihre Kenntnis älterer Modelle, die ihnen durch ihr Vorhandensein in entfernten Provinzen des Byzantinischen Reiches, weit entfernt von der tonangebenden, etwas kühlen und feierlichen Kunst der byzantinischen Hauptstadt. Der Ursprung dieser Modelle kann noch nicht angegeben werden, ebenso wchin die Fäden dieser Kunst führen. Alle neuentdeckten Denkmäler dieser Kunst in Preslav beweisen immer mehr und mehr den östlichen Ursprung: Kleinasien und Syrien.
In einer russischen Abschrift aus dem 12. Jh. ist das Belehrende Evangelium des ange sehenen Preslaver Schriftsteller Konstantin, des Schülers Methodius, erhalten geblieben. Zugleich mit der Textkopie ist auch ein Bild kopiert, in dem mit ziemlicher Sicher heit der bulgarische Zar Boris erkannt werden kann. In dem von architektonischen Rah men, mit an Preslav gemahnenden Motiven umrahmten Feld, ist Zar Boris in vollem Wuchs dargestellt. Auf dem üppigen Haar des hübschen männlichen Gesichts sitzt die Krone. Die Art und Weise der Wiedergabe des Gesichts erinnert stark an Abbildungen auf keramischen Fliesen.
In dem Sammelwerk, das zwei Traktate des Bischofs Hyppolitos enthält und vom 12. Jh. datiert ist, ist eine Miniature, diesmal mit der Abbildung Zaren Simeons zu finden. Daß es sich um eben diesen bulgarischen Herrscher handelt, beweist jenes gemeinsame Motiv, das wir sowohl auf der Tunica des Herrschers, als auch auf den Bodenfliesen aus weißem Lehm der Tuslalaka-Kirche in Preslav erkennen.
Diese Abbildungen lassen mit Sicherheit auf die große und intensive Betätigung der Ateliers von Preslav schließen. Es kann deshalb auch mit Bestimmmtheit von der reichhaltigen künstlerischen Produktivität und der weiten Welt gesprochen werden, die den aus Preslav stammenden künstlerischen Erzeugnissen der Preslaver Maler offenstand.
Besondere Aufmerksamkeit, deren Einzelheiten den Rahmen vorliegender Forschung überschreiten, verdienen die literarischen Denkmäler der Preslaver Schule. Bedeutsam ist ebenfalls, daß außer den Angaben über den Gebrauch der glagolischen und der griechischen Schrift auch eine Reihe von Denkmälern der Epigraphik, Sphragistikund Graphiten bekannt sind, die sich der kyrillischen Schrift bedienen. Das älteste, datierte Denkmal darunter ist die neuentdeckte Inschrift an der Festungsmauer von Tschupka, und das bedeutendste — die Inschrift auf dem Grabstein des Boljaren Mostitsch, aus der Zeit Zaren Peters. Diese bekannten Denkmäler zeugen von der Entwicklung der kyrillischen Schrift auf bulgarischem Boden und ihrer Verbreitung alsbald nach ihrer Erschaffung.
Die zweite Hälfte des X. Jhs. ist die Zeit der Unruhe und schweren Zusammenstöße zwischen Bulgarien und seinem Erzfeind — Byzanz. Dreißig Jahre währt dieses Ringen und schließlich wird Bulgarien niedergeworfen. Gleichzeitig nimmt die Entwicklung des bulgarischen Volkes auf dem Wege des Feudalismus ihren Fortgang. In dieser Epoche liegt die Hauptstadt weit im Westen und wird in den Zeiten der Unsicherheit dauernd ve^egt, bis sie sich in Ochrid festhält. Hauptstadt des Landes wird auch Prespa.
Ochrid ist eine alte Stadt, die bereits in der Antike bestanden hat. Eines der ältesten bulgarischen Denkmäler ist dort die Triconchale Kirche, mit dem dort befindlichen Grab KHments. Eine Kirche, die mit gewisser Sicherheit in die Zeit Samuils verlegt werden kann, ist die Basilika Sveta Sofia. Wie bekannt, stammt ihr östlicher Teil mit Sicherheit aus der zweiten Hälfte des X. Jhs. Dies gibt gleichzeitig das Ursprungsdatum der ältesten Schicht Wandschriften an. Ochrid ist auch durch seine Bug berühmt. Trotz ihrer Zerstörung bei der Einnahme im Jahre 1018, wurde sie auf den alten Grundmauern wieder errichtet, so daß sie in bedeutendem Maße ihren Plan aus dem 10. Jh. und ihr bis dahin bekanntes Aussehen wiederholt. Von der bulgarischen Bautätigkeit in Bitolja zeugt eine uns überkommene Inschrift Ivan Vladislavs. Bemerkenswert aus dieser Zeit ist auch ein
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Stützpunkt in Belasitza, der nach den alten, für die Befestigungen in Bulgarien üblichen Traditionen erbaut ist. Wahrscheinlich stammt er aus dem Anfang des 11. Jhs. Höher im Norden befindet sich die Gradischte bei Pernik, wo noch die Überreste der Burg des berühmten Woivoden Krakra erhalten sind. Dort wurde eine Kirche entdeckt, die der Ochrider Kirche Kliments in Imaret ziemlich ähnlich ist.
Die Kirche im Dorf German am See von Prespa birgt eine Inschrift, die Samuil seinem Vater, seiner Mutter und seinem Bruder David gewidmet hat.
Außerordentliche Beachtung muß der Kirche auf der Insel Sveti Achil im Kleinen See von Prespa geschenkt werden. Das ist eine in ihrem östlichen Teil teilweise gut erhaltene Basilika. Bemerkenswert ist außer der Gemeinsamkeit des Plans mit der großen Basilika in Pliska, auch der Sarkophag, der die sterblichen Überreste wahrscheinlich des Zaren Samuils aufbewahrt.
Die zweite Hälfte und das Ende des 10. Jhs. sind gekennzeichnet durch die Verbreitung eines reduzierten Basilikaplans in einigen Kirchen. Bekannt sind die drei Kirchen: Sveti Stefan, Sveti Archangel Michail und Sveti Bessrebrenizi in Kostur. Im Oster in der alten Hauptstadt Preslav, gibt es einen ziemlich ähnlichen Plan. In Pliska gibt es in der Außenstadt mehrere reduzierte Basiliken (5, 8, 36. . .). Noch weiter nach Osten, in Messemvria, ist die Nova Mitropolia den Mustern von Kostur so nahe. Im allgemeinen ist dies eine Epoche großer Mannigfaltigkeit in den Konstruktionen und den Grundrissen der Kirchen.
Abgesehen von ihren, dem gesamten Balkan eigenen «byzantinischen» Charakter, werden die Schöpfungen der dekorativen Kunst und der Malerei zu Ausdrucksmitteln der bulgarischen Staatlichkeit und Kultur.
Trotz der geringfügigen Zahl von Beispielen, sind in den Bildhauerwerken aus der Epoche Samuils, der Schematismus der Komposition, die Bedingtheit der Figuren, die Steifheit der gesamten Komposition wiedergegeben. Das ist besonders der Fall bei den Überresten der gemeißelten Dekoration in der Basilika Sveti Achil. Noch mehr stilisiert ist die Ornamentik und Figurenwiedergabe in den architektonischen Details der Kirche Sveta Sofia in Ochrid.
Das, was diese Denkmäler der Serie gemeißelter Bilder von Stara Zagora nahebringt, ist die Technik des Reliefs. Bei einer Gegenüberstellung der beiden Gruppenvon Werken — derjenigtn aus dem östlichen und derjenigen aus dem westlichen Teil des Zarenreiches, stechen diejenigen aus Preslav und den östlichen Gebieten mit ihrem Stil und ihrer Reinheit hervor. Die Bildhauerwerke in den beiden zaristischen Basiliken in Prespa und in Ochrid, werden bereits von einer neuen Generation von Bildhauern-Dekorateuren ausgeführt, die die Traditionen ihrer Vorfahren weitertragen und noch weiter in der Entwicklung dieses Stils der dekorativen Flächengestaltung vorwärtsschreiten.