Die Slaven in Griechenland

Max Vasmer

 

Kapitel IV: Die lautlichen und morphologischen Umwandlungen der slavischen Ortsnamen.

 

 

1. Die griechischen Laute und Formen

§ 1. Akzent

§ 2. Vokale und Konsonanten

§ 3. Vokale

§ 4. Kombinatorische Vokalveränderungen

§ 5 Die nordgriechische Vokalverengung

§ 6. Sekundäre Vokale

§ 7. Satzphonetisches

§ 8. Konsonanten. Die stimmhaften Spiranten β, γ, δ

§ 9. Stimmhafte Verschlußlaute

§ 10. Stimmlose Verschlußlaute

§ 11. Die stimmlosen Spiranten φ, χ, θ

§ 12. Die Zischlaute

§ 13. Die Sonorlaute

§ 14. Kombinatorische Konsonantenveränderungen

§ 15. Sandhi-erscheinungen

§ 16. Griechische Volksetymologie

§ 17. Morphologische Veränderungen

 

Die hier zu behandelnden Fragen sind teilweise angeschnitten von Weigand, Balkan-Archiv IV (1925) S. 1–52. Leider berücksichtigt er viel zuwenig die griechische Sprachgeschichte. Dem byzantinischen Schrifttum steht er recht fremd gegenüber, wie schon das zufällige Zitat aus Georgios Harmatolos (!) zeigt, ganz zu schweigen von den slavistischen Merkwürdigkeiten seiner Arbeit und der Beschränkung auf die peloponnesischen Landschaften. Die Arbeit von J. Krystyniacki O języku greckim pisarzy bizantyńskich to ogólności i o ich sposobie wyrażania imion słowiańskich w szczegolności, Sprawozdanie Dyrektora c. k. IV Gimnazyum, Lemberg 1890, S. 1–51, behandelt nur sehr kurz die slavischen Namen bei den Byzantinern und befaßt sich hauptsächlich mit allgem. Fragen der spätgriechischen Sprachentwicklung. Das nicht uninteressante Material ist sprachwissenschaftlich fast überhaupt nicht verwertet und ganz unsystematisch herangezogen. Daher ist eine ausführlichere Behandlung der grammatischen Fragen, die unser Material aufrollt, hier nicht überflüssig.

  

1. Die griechischen Laute und Formen

 

Um das slavische Namengut in Griechenland richtig deuten und sprachhistorisch verwerten zu können, muß man sich vor allem Klarheit darüber zu verschaffen suchen, welchen Lautwert die griechischen Schriftzeichen zur Zeit der Übernahme der slavischen Formen durch die Griechen hatten. Falls es sich nur um moderne, neugriechische Überlieferung handelt, muß die Frage gestellt werden, welcher Lautwert den modernen griechischen Schriftzeichen zugemutet werden kann. Vom Standpunkte des Neugriechischen ist diese Frage nicht schwer zu beantworten. Schwieriger ist es, sich in das VI.—VII. christliche Jahrhundert zu versetzen und sich klarzumachen, wie damals das Verhältnis des altsüdslavischen Lautsystems zum griechischen war.

 

§ 1.  In Anbetracht der guten Bewahrung alter Quantitäts- und Intonationsverhältnisse in heutigen serbokroatischen und slovenischen Mundarten und angesichts der Tatsache, daß auch im heutigen Bulgarisch alte Intonationsunterschiede sich in der Bewahrung der alten Akzentstelle oder in der Verschiebung des Akzentes gegen das Wortende hin zeigen, kann es nicht bezweifelt werden, daß zur Zeit der slavischen Invasion in Griechenland die alten slavischen Quantitäten vielfach noch gut unterschieden wurden, es muß die Frage aufgeworfen werden, ob sich im griechischen Namengut solche slavische Intonationsverschiedenheiten erhalten haben

 

 

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Leider ist das Mittel- und Neugriechische für eine Wiedergabe etwa vorhandener slavischer Intonationen wenig geeignet. Die alten griechischen Quantitätenunterschiede waren schon seit dem 2. Jahrhundert vor Chr. aufgehoben, vgl. Schwyzer, Griech. Gramm. 392 ff. (mit reichen Literaturangaben). Der Unterschied zwischen Akut und Zirkumflex im Mittelgriech. und Neugriech. ist nur noch graphisch, und es kann den Schreibungen slavischer Namen mit ́  oder ˜ daher kein Wert beigemessen werden. Nur graphisch zu werten sind also Schreibungen wie Δερβοῦνι, Διχομῆρι, usw., die ebensogut Δερβούνι, Διχομήρι usw. geschrieben werden könnten und auch tatsächlich geschrieben werden. Über Verwechslung von Akut und Zirkumflex im Mgr. vgl. Psaltis, Gramm. 136 ff.

 

Besser erforschen läßt sich die Akzentstelle der Namen und Lehnwörter slavischer Herkunft. Der alte Unterschied von ἄνθρωπος : ἀνθρώπου, θάλασσα : θαλάσσης usw. ist in der Volkssprache einer Verallgemeinerung wie ἄθρωπος : ἄθρωπου, θάλασσα : θάλασσας gewichen. Die gebildete Kunstsprache (καθαρεύουσα) behält aber vielfach die alten Schwankungen der Akzentstelle in ähnlichen Fällen bei. Wenn nun eine Betonung Πάνιτσα (Argolis) neben Πανίτσα bezeugt ist, dann bereitet die Erschließung der zugrunde liegenden slavischen Akzentstelle außerordentliche Schwierigkeiten. Ebenso ist die Entscheidung schwer, ob griech. Ζελίστα (Joannina) oder Ζέλιστα (Konitsa) die Akzentstelle des Slavischen besser erhalten hat.

 

Alle mit der slavischen Akzentstelle verbundenen Fragen, die das im Vorstehenden behandelte Material aufrollt, hier zu behandeln, fühle ich mich außerstande, da vielfach auch die nötigen Vorarbeiten zur Geschichte des bulgarischen Akzentes fehlen. Eine Einzelheit möchte ich aber nicht unerwähnt lassen. Bekanntlich hat das Ostbulgarische den urslavischen fallenden Lang- oder fallenden Kurzton in Verbindungen mit dem postpositiven Artikel in Fällen wie *dο̨bъtъ, *lǫ̨gъtъ oder *dȍlъtъ, *stȍgъtъ auf die folgende Silbe verschoben. Daher entspricht skr. dȗb, lȗg, dȏ, stȏg einem ostbulgar. dъbъ̀t, lъgъ̀t, dolъ̀t, *stogъ̀t. Die Betonung der zweiten Silbe in derartigen Fällen nähert den slavischen Dialekt in den griechischen Landschaften dem Ostbulgarischen. Für diese bulgarische Betonung wären unserem Material folgende Beispiele zu entnehmen: Δολό Gen. sing. δολοῦ (Joannina): skr. dȏ G. dȍla (Vuk), ostbulg. dolъ̀t (Miletič, Ostbulg. 47); das Lehnwort σταγός »Heuschober« auf Zakynthos entspricht skr. stȏg G. stȍga, wofür ostbulgar. *stogъ̀t erwartet werden muß. Die Endbetonung Λογγός findet sich u.a. auf Kerkyra und in Phthiotis. Das Wort entspricht dem skr. lȗg G. luga, ostbulg. lъgъ̀t. Στανός (Chalkidike) entspricht einem skr. stȃn »Wohnung«, bulg. stanъ̀t (Conev, Sb. N. Um. VI 66). Δομποῦς Μονή (Böotien) läßt sich vergleichen mit. skr. dȗb, ostbulg. dъbъ̀t (letzteres s. Miletič, Ostbulg. 47, Conev, Sb. N. Um. VI 66).

 

 

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Weiter südlich läßt sich die Endbetonung bei ähnlichen Fällen nachweisen in Βρεστόν, Βρεστά (Triphylien) : skr. brȉjest, bulg. brěstъ̀t; Λογγός (Triphylien) : skr. lug, bulg. lъgъ̀t; Δολοί (Lakonien) : bulg. dolъ̀t, skr. dȏ. Schließlich kann auch noch hingewiesen werden auf die Endbetonung des Lehnwortes σανόν, σανός »Heu«, das zu skr. sȉjeno, bulg. sěnò gehört. Vgl. dazu Meyer, Ngr. Stud. II 56.

 

Eine derartige Akzentverschiebung nach dem Wortende zu, wie in den vorliegenden Fällen, kann ich durch intern griechische Gründe nicht erklären, auch kann ich dafür aus skr. Mundarten keine Parallelen beibringen. Wohl aber haben wir für die Verschiebung des urslav. fallenden Akzentes (Zirkumflex und fallenden Kurztones) nach dem Wortende Seitenstücke im Ostbulgarischen.

 

 

§ 2 Wenn wir uns fragen, über welche Vokale das Späigriechische zwischen dem 6. christl. Jahrhundert und dem 15. Jahrhundert zur Zeit der slavischen Ausbreitung in den griechischen Landschaften verfügt hat, dann sind es die Vokale α, ε (auch αι geschrieben), i (als ι, η, ει), o (auch ω), u (ου) , sowie ü (geschrieben υ, οι). Bis ins VIII.—X-Jahrhundert nach Chr. wurde οι als ü gesprochen und erst dann zusammen mit υ zu i verändert. Vgl. Schwyzer, Griech. Gramm. 195 ff. An Konsonanten besaß das Mittelgriechische die Tenues explosivae κ, π, τ, ferner die Mediae explosivae g, b, d nur nach Nasalen, während in andern Stellungen die altgriech. γ, β, δ bereits spirantisch (also gleich ʒ, v, đ) geworden waren. Im Neugriechischen können den Schreibungen γγ, γκ; μβ; νδ, ντ sowohl Lautverbindungen wie nəg, mb, nd als auch einfache Mediae explosivae g, b, d entsprechen. Den Schreibungen χ, φ, θ entsprachen bereits im Mittelgriechischen spirantische Laute wie χ, f, þ. Für die Zischlaute hatte das Spätgriechische die Zeichen σ, ζ, die der Lautwert s und z hatten. Zu den Sonorlauten λ, ρ, μ, ν ist nichts Besonderes zu bemerken.

 

 

§ 3.  Die griechischen Vokale in betonter Stellung geben gewöhnlich die entsprechenden slavischen Vokale ziemlich genau wieder. Griech. α für slav. a begegnet öfters und bedarf keiner Beispiele. In älteren Entlehnungen vor dem 9. Jahrhundert kann es auch slavischem o entsprechen, weil letzteres ursprünglichen eine breitere Aussprache gehabt hat als zu Anfang der slavischen schriftlichen Überlieferung. Darüber vgl. Kretschmer, Archiv 27, 288 ff. Bei unbetonten griechischen Vokalen kommen noch verschiedene Veränderungen hinzu, die mit der sogen. nordgricchischen Vokalverengun zusammenhängen, die weiter unten zur Sprache kommt. Sonst sind beim griechischen Vokalismus noch einige Eigentümlichkeiten zu beachten, die teilweise nur graphisch sind. Beispiele: griech. α entspricht slavischem a : im Lehnwort mgr. ζάκανον (bei Konst. Porphyr.) aus slav. zakonъ »Gesetz«, ferner in ON wie Βάνια (Trikkala), auch Μπάνια : 1. Flonna, 2. Pelλα, αυs sλαv. *Banja, Μπάνιτσα. 1. Joannina, 2. Serres, 3. Arta auch Πάνιτσα, 1. Trik-

 

 

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kala, 2. Lakonien, Βάνιτσα (Kozani), aus slav. *Banjica, Βάνιστα (Joannina) aus slav. *Banjišče, Βάναινα (Arkadien) aus slav. *Banjьna : banja, Βαντσκικό (Kozani) aus *Banjьsko. Ferner : Γιάλοβα 1. Messenien, 2. Kallipolis, aus *Jalova, Γάβριστα (Pella) aus *Gabrišče, Γκάλιστα (Kastoria) : slav. *Gališče, Δομπράβα (Ebros) aus *Dǫbrava, Ράκοβον 1. Karditsa, 2. Florina aus slav. *Rakovo usw. In nicht wenigen Fällen liegt griech. α für die Vertretung von urslav. ě vor, was durch die breite Aussprache der bulgarischen Entsprechung dieses Lautes erklärt werden muß: Δράνοβα (Drama), Δράνοβον 1. Drama, 2. Kastoria, Δριάνοβον (Larissa) usw. für slav. *Drěnova, *Drěnovo u. dgl. Die Lautverbindung α + Nasal entspricht einer Vertretung von urslav. ǫ z. B. in: Σάντοβον (Larissa) für *Sǫdovo.

 

Sonst kann griech. α in älteren Entlehnungen auch ein slav. o wiedergeben: Σκλαβηνοί (Prokop), Σκλαυινοί, Σκλάβοι (Theophanes) aus slav. *Slověne; ζάκανον (Konst. Porphyr.) aus slav. *zakonъ; γαρασδοειδής (Konst. Porphyr.) ist Ableitung von slav. *gorazdъ »erfahren, schlau«, ῥαγάζιον in den Scholien Gu zu Euripides, die von Dindorf auf Thomas Magister zurückgeführt werden (so Kretschmer, Archiv 27, 235), aus slav. *rogozъ »Schilf«. Auch in neugriech. Lehnwörtern wie καρούτα »Trog« aus slav. *koryto idem; μαγούλα »Hügel« aus slav. *mogyla usw. Ferner in ON.: Βαριάνη (Parnassis) aus slav. *Borjane, dagegen aus derselben Quelle spätere Entlehnungen: Βόργιανη (Trikkala), Μπόριανη (Drama). Ein griech. α zeigen wiederum: Γαρούνα (Kerkyra): slav. *Gorynь; Γαρίτσα (Kerkyra): slav. *Gorica; Καρύταινα (Arkadien): slav. *Korytьna; Καρύτια (Lakonien): slav. *koryto, usw.

 

Nur graphisch verschieden sind Schreibungen mit αυ- oder αβ-, denen dieselbe slavische Lautverbindung, a + v oder a + b zugrunde hegen kann, z. B. Γάβριστα (Pella) zu bulg. *Gabr- neben Γαύροβον 1. Trikkala, 2. Drama, aus slav. *Gabrovo. In jüngeren Lehnwörtern und ON. entspricht slav. o einem griech. ο. Vgl. Γκολέμιον (Messenien), Γολέμιον 1. Phthiotis, 2. Olympia, Γολέμη 1. Naupaktos, 2. Patras aus slav. *golěmъ, -a »groß«; Κόζιον (Lakonien) von slav. *kozь̂je »Ziegen-«; Κόζια (Lakonien) aus slav. *kozь̂ja; Γλόγοβα (Arkadien): slav. *Glogova; Γλογοβίτσα (Karditsa): slav. *Glogovica; Ποδολοβίτσα (Akarnanien): slav. *PodoIovica; Τοπόλια 1. Böotien, 2. Parnassis: slav.*topola bzw. *topolь̂ja; Γορίτσα (Epirus): slav. *Gorica, Ντόλιανη (Joannina): *Doljane bzw. *Doljani; Ὄστροβον (Edessa), Ὄστροβος (Trikkala): *Ostrovъ; Σμόκοβον 1. Karditsa, 2. Phthiotis: *Smokovo; Πόδος 1. Akarnanien, 2. Pella: *Podъ, u. a. m., vgl. Kretschmer, Archiv 27, 234 ff. Die Wiedergabe des slav. o durch griech. ο beweist breite Aussprache des griechischen Vokals, weil der slavische Laut eine weite Artikulation hatte und daher von allen Nachbarn in älterer Zeil durch fremdes a wiedergegeben wird.

 

Für zu erwartendes griech. ο: slav. o findet sich in einigen Fällen, meist in dei Nachbarschaft eines r in unbetonter Stellung, ein griech. Vokal der vorderen Reihe, Ῥεγκόζενα (Lakonien): *Rogozьna; Ῥηγόζαινον (Phthiotis):

 

 

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*Rogozьno; wohl auch Ῥεούζι, Ῥεγούζι (Euboia): *Rogozъ, ferner: Γριμάδα (Böotien): *Gromada; auch Σεποτνίκα (Chalkidike): *Sopotьnikъ. Obgleich ich die genauen Bedingungen dieser Entsprechung nicht finden kann (etwa albanische Vermittlung?), halte ich die Etymologien für einwandfrei. Höchstens Ῥεούζι könnte angezweifelt werden. Daß es sich um einen griechischen Lautvorgang handelt, scheint aus dem Nebeneinander der Schreibungen Ῥεγκόζενα (Lakonien) und Ῥογκόζαινα (so R.) für denselben Ort hervorzugehen.

 

Griech. ο erscheint manchmal auch als Vertreter von slav. u. Besonders in betonten Stellungen muß wohl mit einer regelrechten Lautsubstitution gerechnet werden zu einer Zeit, als noch slav. o durch griech. α wiedergegeben wurde. Offenbar war damals der slav. u-Laut so breit, daß die Griechen dafür einen o-Laut einsetzten. Beispiele dafür sind etwa: Στρώμην (Parnassis): slav. *Strumenь, Στρωμίνιανη (Akarnanien): *Strumenjane. Damit vergleiche man besonders die Wiedergabe des slav. u in älteren ostseefinnischen Lehnwörtern durch finn. ō, woraus uo (s. Mikkola, Berührungen 47 ff.), auch mgr. οἱ Ῥῶς für altruss. Rusь.

 

In andern, namentlich in unbetonten Stellungen wie Σωχός (Langada) aus slav. Sucho erklärt sich diese Vertretung als Folge der nordgriechischen Verengung unbetonter Vokale, worüber weiter unten. Zu beachten ist ferner, daß die Schwankung der Schreibungen zwischen griech. ο und ω bei der Wiedergabe von griechischen o-Lauten nur graphische Bedeutung hat. So schreibt Nuchakis und das Lex. gewöhnlich Ἀράχωβα für slav. *Orěchovo. Derselbe Name erscheint dann aber mit griech. Weglassung des anlautenden Vokals als Ῥάχοβον in Kozani, aber als Ῥάχωβα in 1. Berrhoia, 2. Zichne, 3. Florina, wiederum als Ῥιάχοβον 1. Joannina, 2. Kozani. Ein nur graphisches Schwanken in der Schreibung des Vokals der ersten Silbe liegt auch vor in: Λωζανά (Joannina), gegenüber Λοζάνοβον (Pella), Λοζέτσι (Joannina), Λοζίστα (Thessalonike), die Ableitungen von slav. *loza darstellen. Ebenso steht es mit Bildungen von slav. *avorъ »Ahorn«: Ἄβορος (Phthiotis), aber Ἀβώρανη (Akarnanien). Griech. Ἀγότιανη 1. Böotien, 2. Phthiotis, Ἀγόργιανη (Lakonien), Ἀγώργιανη (Rhaidestos) entsprechen der gleichen slav. Grundform *Ogorjane bzw. *Gorjane. Dem oben erwähnten Σωχός (Langada) steht Σοχᾶς (Lakonien) zur Seite, obgleich beide auf slav. *Sucho bzw. *Sucha beruhen.

 

Griech. ε dient zur Wiedergabe von slav. e in: Σέλιανη 1. Phthiotis, 2. Drama, Σέλλιανη (Joannina), aus slav. *Seljane bzw. *Seljani. Σέλιτσα 1. Eurytanien, 2. Lakonien, 3. Kozani, aus *Selьce bzw. *Selьca, Σέλον (Eurytanien), Σέλος (Larissa) aus slav. selo. Ἔλεσνα (Joannina), aus *Elьšьna von (j)elьcha »Erle«, Ἔλσανη (Eurytanien), Ἔλσιανη (Serrai) aus *Elьšane bzw. *Elьšani usw.

 

 

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Manchmal ist griech. ε auch die Vertretung von slav. ě, besonders inpeloponnesischen Namen, weil es im Mgr. einen langen ě-Laut bekanntlich nicht gegeben hat. Vgl. Βελλά (Elis), Βελλᾶς Μονή (Joannina), aus slav. *Běla, Βελαώρα (Eurytanien) aus *Běla Gora, Γολέμη 1. Achaia, 2. Naupaktos, 3. Messenien, aus slav. *golěmъ »groß«, Λέσκοβον (Pella) aus slav. *Lěskovo, Λέσκοβετς (Florina) aus *Lěskovьcь usw.

 

In nicht wenigen Fällen vertritt griech. ε den aus älterem slav. ь in sogen. starker Stellung hervorgegangenen e-Vokal: Δέβρη 1. Kozani, 2. Adrianopel, aus slav. *debrь, älter *dьbrь »Schlucht«, Λοζέτσι (Joannina) aus *lozьcь, Χουδέτσι (Kreta) aus *Chudьčь, Μπόζετς (Pella) aus slav. *Bъzьcь, usw. In derartigen Fällen hat bereits das Slavische den e-Vokal aus ь entwickelt.

 

Griech. u (ου) erscheint 1. als Vertretung eines slav. u in Fällen wie: Ζούπαινα (Lakonien) aus slav. *Župьna; Ζουπάνιον (Kozani): slav. *Županь̂je; Γουμενίτσα 1. Elis, 2. Pella: slav. *Gumьn(ьn)ica aus der gleichen Quelle zu deuten ist Ἡγουμενίτσα (Joannina); Λούζι (Korinth): slav. *luža; Μπουκοβίνα (Elis), Μουκοβίνα (Joannina): slav. *Bukovina; Μπούκοβον (Drama): slav. *Bukovo; Μπουκουβίτσα (Karditsa): *Bukovica; Μπούκοβικ (Florina): Bukovik; Λουκάβιτσα (Εlis): slav. *Lukovica : lukъ »Lauch«; Στρούζα 1. Arkadien, 2. Trikkala, 3. Phthiotis, aus slav. *Stružь̂ja : struga; Κρούσοβον (Serres, 2mal) aus slav. *Kruševo usw.

 

2. erscheint griech. u (ου) in älteren Entlehnungen für slav. y in ngr. μαγούλα »Hügel« aus slav. *mogyla; καρούτα »Trog« für slav. *koryto, dann in Ortsnamen wie: Γαρούνα (Kerkyra): slav. *Gorynь; Δερμπούνι (Arkadien): slav. *Terbyni »gerodete Gegend«, Μαγούλα, einein häufigen ON in 1. Doris, 2. Argos, 3. Phthiotis, 4. Lakonien, 5. Elis, 6. Larissa, 7. Attika, 8. Akarnanien, 9. Messenien, 10. Arkadien, 11. Karditsa; Μαγούλιανα (Arkadien) aυs slav. *Mogyljane; Μαγουλίτσα (Karditsa) aus *Mogylica, Βούτσι (Arkadien) aus slav. *Byčь̂je, Μπούστρι (Akarnanien) aus slav. *Bystra u. dgl.

 

3. Griech. u (ου) erscheint für altslav. ъ : im Lehnwort Βούζι, Βούζιον »Holunder« aus slav. *bъzъ idem, wozu auch die ON Βούζι 1. Euboia, 2. Phthiotis kommen, Κουβέλτσι (Trikkala): altslav. *kъbьlьcь, Μπούζι 1. Triphylien, 2. Lokris, 3. Korinth ebenfalls aus *bъzъ, nur infolge späterer Übernahme durch die Griechen lautlich verschieden von Βόυζι.

 

4. Mituntei begegnet griech. u (ου) auch für urspr. slav. o, doch meist in unbetonter Stellung, wo es in nordgriech. Dialekten aus älterem o entstanden sein kann. Vgl. Μουτσάρα (Τρικkuλα) aυs slav. *Μοčara u. a. Dazu weiteres unten.

 

Griech. i wird graphisch heutzutage wiedergegeben durch ι, ει, η, οι, υ. Soweit es sich um neugriechische Beispiele handelt, muß bei allen diesen Schreibungen der Lautwert i angenommen werden, z. B. für das η in Διχομῆρι (Arta), Βουγόμυλος ἢ Μπουγομήλα (Phthiotis), Βησωτσάνη

 

 

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(Drama), neben Βισοκά (Achaia), für ει in Κλεινοβός (Trikkala): slav. *Klinovo, für υ in Βαρυμπόπη 1. Triphylien, 2. Euboia, Κορύτιανη, 1. Preveza, 2. Joannina (2mal) usw.

 

Das griech. i entspricht 1. einem slav. i in: Λίπα (Joannina); Βελίκα 1. Messenien, 2. Saranda Ekklesiae: slav. *Velika; Γολίτσα (Karditsa): *Golica; Γλογοβίτσα (Karditsa): slav. *Glogovica; Γκόριτσα (Florina), Γορίτσα 1. Joannina, 2. Preveza, 3. Karditsa: slav. *Gorica; auch in Γουρίτσα 1. Parnassis, 2. Akarnanien; Ἴσβορος 1. Joannina, 2. Kozani, Ἴσβορ (Pella), Ἴσβορον (Chalkidike), aus slav. *Izvor(ъ); Γρανίτσα 1. Boötien, 2. Doris, 3. Eurytanien, 4. Arkadien, 5. akarnanien, 6. Joannina, aus slav. *granica, oder dem daraus entlehnten ngr. γρανίτσα »Quercus aesculus«; Γριβιτσά (Messenien) aus slav. *Grivica; Γρίμποβο (Arta) aus slav. *Gribovo; Δράνιτσα (Karditsa) aus slav. *Drěnica; Καμινίτσα 1. Achaia, 2. Arkadien, aus *Kamen(ьn)ica; Κρίβα (Pella) aus *Kriva; Κρίφτσι (Kozani) aus *Kriv(ь)ci; Κόπριβα (Kozani) bzw. Κοπρίβα (Serres) aus *Kopriva, usw.

 

Das griech. i kann 2. auch einem slav. ь entsprechen, das sich noch nicht in e gewandelt oder, in schwacher Stellung, noch nicht geschwunden war. Beispiele dafür sind: Κόνισκα (Akarnanien) aus *Konьska; Κονισκός (Trikkala) aus *Konьsko; Δίβρη 1. Ellis, 2. Phthiotis, aus *Dьbrъ; Δίβριτσα (Arkadien) aus *Dьbrica; Βελισκός (a. 1387, Attika) aus *Bělьskъ; Ὀστροζηνίκου (a. 1394, Thessalonike) aus *Ostrožьnikъ, u. dgl. Vgl. aber unten S. 245 ff.

 

3. kommt griech. i auch an Stelle eines slav. i vor, das im slavischen bereits aus altslav. y entstanden ist. Z. W. Κίσσελη (Doris) aus *Kisela : altslav. kyselъ, kysьlъ; Κοβίλιανη (Joannina) aus *Kobiljani, altslav. *Kobyljane; Βίστριτσα (Euboia): *Bystrica. Neugriechische Beispiele mit υ könnten ebenso bewertet werden, da das υ hier einem i-Laut entspricht. Wenn aber dieses υ durch ältere mgr. Schreibungen gestürtzt wird, muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der betr. Name vor dem Zusammenfall des mgr. υ (ü) mit i übernommen wurde, als im Griechischen noch ü gesprochen wurde. Griech. ü muß als ein besonderer Vokal in den ersten Jahrhunderten des Slavenzeit vorausgesetzt werden, als der neugriechische Itazzismus noch nicht vollständig durchgeführt war. Denn wir wissen, daß etwa bis zum Ende des ersten christlichen Jahrtausends älteres υ und οι in einem ü-Laut zusammengefallen war, des sich von dem aus ει, η, ι hervorgegangen i-Vokal unterschied, mit dem er erst später gleichlautend wurde, vgl. Schwyzer, Gr. Gr. 183 ff. Da wir nur wenige Schreibungen slavischer ON in Griechenland besitzen, die vor 1000 n. Chr. überliefert sind und einen solchen Vokal aufweisen, haben wir vielfach keine Möglichkeit, einen derartigen Laut urkundlich nachzuweisen, und sind auf Kombinationen angewiesen. Die Frage muß hier trotzdem in Erwägung gezogen werden, da wir nicht sicher entscheiden können, ob die überlieferten Namen mit υ wie Καρύταινα (Arkadien),

 

 

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das auf slav. *Korytьna, beruht, im Ausgenblick der Übernahme durch die Griechen noch ein slav. y oder bereits den daraus hervorgegangenen i-Laut zur Grundlage gehabt haben. Das griech. α der ersten Silbe läßt eine verhältnismäßig frühe Gräzisierung annehmen und würde dadurch auch die Wiedergabe des y-Vokals durch griech. ü wahrscheinlicher machen als ein zugrundeliegendes slav. i. Καρύτια (Lakonien) wäre am leichtesten als Umgestaltung von *koryto zu verstehen, ebenso könnte Κορύτιανη 1. Joannina (2mal), 2. Prcveza, aus *Koryti̯ane, einer Vorstufe von skr. Korićani, stammen, aber auch griechische Neubildung von Κορύτια sein. Die Form Κορύστιανη (Joannina) zeigt bereits den bulg. Wandel von ti̯ zu št, aber der ihm vorausgehende Vokal könnte ebensogut slav. y wie da daraus entstandene i gewesen sein. In Fällen wie Λιτονιαβίστα (Joannina) von *Ljutoněžišče : PN Ljutoměgъ könnte das i aus mgr. ü gedeutet werden, welches seinerseits auf slav. ju beruhen könnte, ebenso in Λιτόσελον (Phthiotis) aus *Ljutoselo, aber es kommt daneben auch eine slav. dial Form mit i in Betracht, da bulgarische Mundarten mitunter einen Umlaut von ju zu i gerade nach l' zeigen, für den es Belege seit dem 14. Jahrhundert gibt. Vgl. Mladenov, Gesch. d. bulg. Spr. 89. So ist auch bei Κλείτσοβο (Arta) die Entscheidung unmöglich, ob es seinen i-Laut aus griech. ü entwickelt hat und slav. ju entspricht, oder bereits einen slav. Wandel von ju zu i widerspiegelt. Ebenso steht es mit dem i von Λιβιάχοβον (Joannina) aus *Ljuběchovo bzw. *Liběchovo, sowie Λιβίτσικον (Arta) aus *Ljubьčьsko, während spätere Übernahme mit bereits slavischem i wahrscheinlicher ist bei Λιμπάνοβον (Katerini), Λιμπάχοβον (Pella), Λιμπόχοβον 1. Lakonien, 2. Preveza, 3. Kozani, 4. Trikkala, Λίμποβον (Joannina); sicher ist sie bei Λιμποτέν (Drama), Λιμπάν (Drama), Λιμπίνοβον (Kozani).

 

 

§ 4. Kombinatorische Vokalveränderungen.

 

a) Bekanntlich hat das Mittel- und Neugriech. in weitem Umfange eine besondere Umgestaltung der Lautverbindungen aus ε oder ι und folgendem hinteren Vokal durchgeführt, wobei diese vorderen Vokale ihren Silbenwert eihbüßten und zu i̯ wurden. Vgl. dazu Thumb, Ngr. Handb.2 8. Mitunder zeigt sich die Wirkung dieses neuen i̯ nur in der Palatalisierung des urspr. vorausgehenden Konsonanten. Manchmal ist aber auch dieser entpalatalisiert. Dann entspricht einem schriftsprachlichen διακόσια, πλούσιος ein vulgäres διακόσα, πλούσος. Vgl. Thumb. a. a. O. 9 und besonders Psaltis, Gramm. 34, der auf σώπασε schon bei Th. Prodromos hinweist. Auf diese Weise erklären sich in unserem Namenmaterial Schwankungen wie Ἔλσανη (Eurytanien) neben Ἔλσιανη (Serrai) aus slav. *Elьšane bzw. *Elšani. Die Schreibung Ἔλσιανη erschien als die gebildetere. Sie konnte auch noch gefördert werden durch eine palatalisierte Aussprache des slav. š. Ferner müssen ebenso gewertet werden

 

 

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Schreibungen wie Πλέσια 1. Joannina, 2. Kozani und Πλέσσα (Doris). Nur graphisch verschieden sind Βριάζα im Kr. Konitsa und Βρυάζα, Kr. Katerini, Mazedonien. Beide gehen lautlich zurück auf bulg. Bŕaza = Brěza. Ebenso verhalten sich zueinander: Δριάνοβον (Larissa) und Δρύανοβον (Kozani), deren Grundlage bulg. *Dŕanovo ist. Davon nur graphisch verschieden ist Δρεάνοβον a. 1319 (Joannina). Zu letzterem können weitere orthographische Seitenstücke beigebracht werden wie Λεαύσιστα a. 1319 (Joannina) für späteres Λάψιστα : slav. *Lěp-, Τριστεάνικον a. 1319 (Joannina) für *Trьstěnikъ, Τρεαβοβίδιστα a. 1319 (Joannina): *trěvovitъ. Charakteristisch ist auch, daß neben häufigerem Πολιάνα (z. B. Arta, Trikkala) aus slav. poljana auch die Schreibung Πολυάνα (Arta) auftreten kann. Vgl. auch Δρυάνιστα (Katerini) für slav. *Drěnišče. So kann man es einer griechischen Schreibung nicht ansehen, ob ein -ια die slav. Lautverbindung -ija (-ь̂ja) wiedergibt oder als -a mit palatalisiertem Konsonanten davor aufzufassen ist. Bei Δολιανά, Δολιανοί ist die slav. Grundform ohne Zweifel *Doljane, *Doljani, bei Λεσιά (Argolis) nehme ich hyperkorrekte Schreibung an und setze es gleich slav. lěsá »Zaun, Hecke«, ebenso ist Σιόποτος 1. Joannina, 2. Atta übertrieben gebildet für *Σόποτος = slav. sopotъ »Graben«. Daneben begegnet anderweitig Σόποτος auch in amtlicher Schreibung. Ähnlich fasse ich Ζιάσακας (Joannina) aus *Zasěka auf, sowie Ζιαμπονέρια (Joannina): *Žabь̂ja Voda. Daß ein solches i oft keinen silbischen Wert hat, zeigen auch Schwankungen in der Rechtschreibung ein und desselben Namens wie Τζουμέρκα (Joannina), woneben auch Τζιομέρκα (1696) vorkommt.

 

b) Das im Spätgriechischen schon seit dem hellenistischen Zeitalter zu beobachtende Lautgesetz, daß i-Laute vor einem ρ verbreitert und zu ε-Lauten wurden, hat dazu geführt, daß in griechischen Erbwörtern ein i vor ρ nicht bewahrt blieb. Dazu vgl. Brugmann-Thumb, Gr. Gr.4 81, Dieterich, Untersuchungen 11 ff. Durch diese Erscheinung ist eine größere Anzahl von Fällen in unserem Material zu erklären, in denen griech. ερ einem urslav. ьr, altbulg. entspricht. Z. B. Βέρβαινα (Arkadien); *Vьrbьna; Βερβίτσα, 1. Messenien, 2. Akarnanien: *Vьrbica; Βερσίτσι (Achaia): *Vьršьcь; Ζαβέρδα (Akarnanien): *Zabьrdь̂je; Τέρνοβα 1. Akarnanien, 2. Eurytanien: *Tьrnova; Τέρνοβον 1. Eurytanien, 2. Florina; *Tьrnovo; Τέρνος Eurytanien: *Tьrnъ; Τσερκόβιανη (Pella), Τσερκίτσα (Arta), 'Τσερκοβοπτελιά (Eurytanien): *Cьrkъvь : altbulg. crьky; usw. Namen ohne diesen Lautwandel wie Τύρναβος (Larissa): *Tьrnovo; Τύρνος (Eurytanien); *Tьrnъ 1. Kastoria, 2. Adrianopel: *Tьrnovo; Τύρνος (Eurytanien); *Tьrnъ u. dgl. müssen dieser Veränderung entgange sein, weil sie teils zu einer Zeit entlehnt wurden, als das Lautgeseta nicht mehr wirkte, teils aber müssen sie eine spätere slavische Lautstufe wiedergeben, die von den Griechen als -ür- gehört wurde, denn griech. υρ entging dem Wandel zu -ερ-, wie man aus βούτυρο, τυρί usw. ersehen kann.

 

 

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c) Labialisierung unbetonter Vokale der vorderen Reihe. In einigen wenigen Fällen kann in unserm Material eine griechische Labialisierung von ε- und ι-Vokalen in unbetonter Stellung festgestellt werden, die auf die Einfluß benachbarter Labiale zurückzuführen ist. Zu dieser Erscheinung vgl. Thumb, Ngr. Handbuch2 5. In slavischen ON zeigt sie sich in Μπουστερή (Joannina) neben μπιστερή: abg. peštera, Τζουμέρκα (Epirus): Τζιουμέρκα, Τζουμέρνικον: Čemerika, Čemerьnikъ, Μωρόσκλαβον (Akarnanien); *Miroslavjь. Zu letzterem siehe auch S. 74. In betonter Stellung ist diese Labialisierung lautgesetzlich nicht eingetreten, daher geht es nicht an, skr. Bitolj, bulg. Bitolja: ngr. Βούτελις auf ein slav. Obitělь (: griech. Μοναστήριον) zurückzuführen. Vgl. Zeitschr. IV 93 ff.

 

d) Vokalassimilationen. Durch Assimilation können folgende Fälle erklärt werden: Γραβανάκι (Trikkala), wohl aus *Γρεβενάκι, mit neugr. -ακι von slav. *Grebenь; Ζογλώπι (Karditsa) wohl aus slav. *Zaglobь̂je. Der Name ist auch als Ζαγλόπι überliefert. Ferner: ζελεσσό (Joannina) aus *Zalěsь̂je, Ζεσέριανη (Serres) aus *Zasěrjane, Πικριβενίτσα (Kozani) aus *Pokrivьnica, Koprivьnica; Μωρόσκλαβον (Akarnanien) vom slav. PN Miroslavъ, u. dgl. Ζαραβίνα (Joannina) kann aus *Žeravьna, aber auch aus *Zarovьna gedeutet werden.

 

 

§ 5.  Die nordgriechische Vokalverengung.  Seit längerer Zeit wissen wir, daß die nordgriechischen Mundarten (Epirus, Thessalien, Mazedonien, Thrakien) sich von den südgriechischen »durch eine durchgreifende Umgestaltung des Vokalismus« auszeichnen, »bei deren extremster Form . . . jedes unbetonte e und o zu i und u geworden, jedes unbetonte i oder u geschwunden oder doch bedeutend reduziert ist« (s. Thumb, Handb.2 6, Hatzidakis, Einl. 342 ff.). Durch diese Erscheinung kann eine ganze Anzahl von Beispielen in unserem Namenmaterial erklärt werden, in denen unbetontes slav. o, e durch griech. u, i vertreten oder imbetontes slav. u, i ohne griechische Vertretung geblieben ist. Zum Schwunde unbetonter i-, u-Vokale vgl. auch Andriotis, Ἀθηνᾶ 43, 171 ff. Wenn diese Erscheinung nicht überall graphisch durchgeführt ist, so liegt das wohl an der Inkonsequenz amtlicher Schreibungen.

 

a) Nordgr. i ist geschwunden in Βαρμπόπη (Trikkala) neben Βαρυμπόπη. 1. Triphylien, 2. Euboia, Βαρυμπόπι (Attika) aus slav. *Varibobъ, Ζαγόρτσα (Joannina): *Zagorica, Σέλτσα (Akarnanien), Σέλτση (Joannina) neben Σέλιτσα 1. Eurytanien, 2. Lakonien, 3. Kozani, aus slav. *Selьce, Κολάρτσα (Kozani): Kolarica usw.

 

b) Nordgriech. u ist geschwunden: Σχωρέτσανα (Arta): slav. *Suchorěčane. Daß die Lautverbindung σχ vulgärgriechisch nicht alt sein kann, liegt auf der Hand, weil altes σχ im Spätgriechischen durch σκ vertreten ist.

 

 

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c) Nordgriech. i für unbetontes e : Πιστιανά 1. Arta, 2. Akarnanien, auch Πιστιενά (Akarnanien), wohl: slav. *pěsъčana, *pěsъkъ »Sand«; Πλησίβιτσα (Joannina), Πλησεβίτσα (Florina): *Plěšivica; Πιπιλίστα (Kozani) neben Πεπελενίτσα (Achaia): slav. *Pepelišče; Λιγκοβάνη (Kozani): *Něgovanjь vom PN. *Něgovanъ; Δρυμιγκλάβα (Thessalonike): *Drěmiglava; Βιτρινίτσα (Doris): *Větrьnica; Τριβένι (Kozani): *Trěbenъ usw.

 

d) Nordgriech. u für unbetontes o : Γουρίτσα 1. Parnassis, 2. Akarnanien: slav. *Gorica. Vgl. auch Γορίτσα 1. Joannina, 2. Preveza, 3. Konitsa, 4. Karditsa. Weitere Beispiele sind: Πουλιάνα (Larissa) neben Πολιάνα 1. Lakonien, 2. Trikkala, Πολιανή 1. Messenien, 2. Pella, zu slav. *Poljana; Μπουγομήλα ἢ Βουγόμυλος (Phthiotis) : slav. PN. *Bogomilъ bzw. *Bogumilъ; Κουζούσιανη (Pella): *Kožušane; Κουσοβίτσα (Arta): *Kosovišče; Κουσοβίτσα (bis, Joannina): *Kosovica usw.

 

e) Das Nebeneinander von schriftsprachlichem γελῶ und nordgriech. γιλῶ führte dazu, daß für gesprochenes unbetontes i mitunter die Schreibung ε aufkam. Auf diese Weise können in unserem Material Formen wie Λεπινίτσα (Kozani), Λεπενίτσα (Trikkala) erklärt werden, die m. E. ein slav. *Lepenica oder *Lipьnica wiedergeben können, auch Σαλμενῖκον (Achaia): *Solmьnikъ könnte hierher gehören. In Achaia ist auch Καμινίτζα neben Καμενίτσα überliefert, das die Unsicherheit in der Schreibung von unbetontem e veranschaulicht. Eine ähnliche Unsicherheit konnte bei der Wiedergabe von unbetontem u und o aufkommen. Sie zeigt sich in Μποκοβίνα (Arkadien) gegenüber Μπουκοβίνα (Elis): slav. *Bukovina; Σωχός (Langada): slav. *Sucho u. dgl. Zu letzteren vgl. auch oben S. 239.

 

f) Seit längerer Zeit ist in der neugriechischen Mundartenforschung festgestellt worden, daß infolge dieser nordgriechischen Vokalverengung in unbetonter Stellung auch Umgestaltungen betonter -i- und -u-Laute zu é, ó stattfinden konnten. Vgl. dazu Andriotis, 'Ἀθηνᾶ 45, 252 ff., Dölger, BZ 35, 182. So muß wohl ein Fall wie Κρασέτσα neben Κρασίτσα (Achaia) aus slav. *Krasica verstanden werden.

 

g) Schließlich konnten i- und u-Laute, die in unbetonter Stellung aus e, o entstanden waren, analogisch auch auf betonte Silben übertragen werden. So erklärt sich Γούριτζα a. 1326 (Serres) aus slav. *Gorica, wenn es so und nicht Γουρίτζα zu lesen ist. Vgl. Γουρίτσα (Parnassis), das gleicher Herkunft ist.

 

 

§ 6.  Sekundäre Vokale,

 

a) Entwickelung eines neuen i-Lautes im Griechischen.

Prinzipiell muß in unserem Material für jedes i eines griechischen Namens eines Lautentsprechung im Slavischen gesucht werden, mitunter ein slav. ь das im altslavischen erhalten, in den späteren süd-slavischen Sprachen aber schwinden konnte. Z. B. Ὀστροζηνίκου (Thessalonike) aus *Ostrožьnikъ u. dgl. Es finden sich aber auch Fälle mit i, denen

 

 

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mit einer altslavischen Form lautlich nicht beizukommen ist. Andriotis, Ἀθηνᾶ 42, 149 hat nun darauf hingewiesen, daß sich in nordgriechischen Mundarten auch ein neuer i-Laut zwischen Konsonanten entwickeln konnte. Auf diese Weise erklärt sich das i in den griech. ON: Βαντσικό (Kozani) aus *Banjsko; Βογατσικόν (Kastoria) aus Bogatsko; Βοδεντσικόν (Kozani) aus Vodensko, Κοντσικόν (Kozani) aus Konjsko; Κάντσικον (Joannina) aus *Kǫt(ь)sko, Μολεντζικόν (Karditsa) aus *Malensko (?). Offenbar wurde die Vokalentwicklung durch die Schwierigkeit solcher slavischer Konsonantenhäufung für einen Griechen hervorgerufen. In andern Fällen unterblieb sie, wie etwa Σμπόρτσκον (Pella) aus Sborskο, Σέλτζκα (Joannina): *Sel(ь)ska. In manchen Fällen mag die Palatalität der Konsonanten einen Griechen zum i-Vokal angeregt haben. Jedenfalls zeigen auch die russischen Ortsnamen in Patriarchenurkunden des 16. Jahrhunderts, also aus einer Zeit, als das schwache ь im Russischen längst verstummt war, ähnliche griechiche Vokalentwicklungen: Ὀμπτόρτζικι : russ. Obdorsk (Stadt am Ob'), Οὐντόρτζικι : rus Udorsk (Sibirien), Περέμτζικη, Περίμισκη : russ. dial. Peremskij, Ῥετζάντζικι : R'azanskij, Σμαλέντζικα : (iz) Smolenska (Belege für alle diese Beispiele bei Regel, Analecta, Index s.v.; anderes bietet Verf., IzvestijaXXI, 1, (1916) 48 ff.).

 

b) Andere sekundäre Vokale im Ngr. Im allgememen läßt sich die Regel aufstellen, daß die Griechen ungewohnte slavische Konsonantenverbindungen durch Einschubvokale erleichterten. Das bezieht sich z. B. auf slav. gv- in *gvozdъ »Wald«, das wiedergegeben ist durch Καβόσδα (Preveza), Κοβόζδα, Γκουβόζδα (Joannina), Γκοβόζδας (Joannina). Ferner haben in Arkadien zwei Fälle, die Vokalentfaltung in den Lautverbindungen -sr-, -sl- zeigen: Συριάμον : *Srěmъ, Συλίμνα : *Sliv(ь)na, auch Achaia: Συλίβαινα : *Slivьna. In Nordgriechenland läßt sich ein sekundärer Vokal in den Lautgruppen zr- nachwe in Ζερέλι, Ζιρέλ (Preveza): *žrělo; Ζιρέλια (Eurytanien) aus der gleichen Quelle. Das Material ist zu gering, um die genaueren Bedingungen solcher Vokalentwicklungen festzustellen.

 

 

§ 7.  Satzphonetisches.  Daß im Spätgriechischen durch satzphonetische Erscheinungen nicht wenige Veränderungen anlautender Vokale möglich sind, wissen wir durch Foy, BB XII 38 ff. und Hatzidakis, Einl. 320 ff. In unserem Material findet sich

 

a) Schwund eines urspr. anlautenden Ἀ oder Ὀ : Ῥάχοβον (Kozani), Ῥαχώβα 1. Serres, 2. Berrhoia, 3. Florina, aus *Ἀράχοβον : slav. *Orěchovo; Ῥαχωβίτσα (Serres): *Orěchovica, Ῥιάχοβον 1. Joannina, 2. Kozani, auch aus *Orěchovo; Στροβίτσι (Böotien) aus *Ostrovьcь; Στρόλογγος (Thesssalonike) aus *Ostrolǫ; Στροβός (Pella) bei Georg. Akropol. I 84, 20 (Σταριδόλα Στροβόν τε) für Ὀστραβός (a. 1272 und sonst, s. S. 200) aus *Ostrovъ.

 

 

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b) Schwund eines anl. Ε- : Ζερέτσι (Karditsa) aus slav. *(J)ezerьcь; Ζερίκια (Böotien) aus einer Vorstufe der soeben angeführten slav. Form *Ezerьkъ.

 

c) Auftreten eines anlautenden Ὀ- statt Ἐ- : Ὀζερός (Phthiotis) aus slav *(j)ezerь bzw. (j)ezero. Vgl. Verf., Zeitschr. IV 91 ff. und Durnovo, Slavia III 265 gegen Iljinskij, Slavia II 250, der, ohne die neugriechische Lautgeschichte zu kennen, auf Grund von Ὀζερός eine sonst bei den Südslaven nicht nachweisbare slavische Grundform *Ozero ansetzt, die nur für da Ostslavische belegt werden kann. Die griechische Herkunft des Ὀ- von Ὀζερός beweisen auch griech. ON wie Ὀβριά (Achaia) zu ngr. ὀβριός aus ἑβραῖος.

 

d) Vorschlag eines Ἀ- bei konsonantischem Anlaut: Ἀραγόζενα (Achaia): *Rogozьna; Ἀνιβίτσα (Phthiotis): slav. *Njivica; Ἀγότιανη 1. Böotien, 2. Parnassis, Ἀγόργιανη (Lakonien), die ebensogut aus slav. *Gorjane wie *Ogorjane stammen könnten. Ferner: Ἀλέσταινα (Achaia) aus slav. *Lěščьna : *lěska.

 

 

§ 8. Konsonanten. Die stimmhaften Spiranten β, γ, δ.

 

1. Griech. β war schon vor der Slavenzeit spirantisch geworden und ergab v mit Ausnahme der Stellung nach einem Nasal, wo es als b erhaltenblieb. In Lehnwörtern und ON kann griech. β einem slav. b oder v entsprechen. Z. B.

 

a) Βελαώρα (Eurytanien): *Běla Gora; Βιστρίτσα (Euboia): *Bystrica, Βουγόμυλος ἢ Μπουγομῆλα (Phthiotis) zum PN Bogomilъ, Λιβίτσικον (Arta): *Ljubьčьsko, Δίβρη 1. 1. Phthiotis, 2. Elis: *Dьbrъ, Δίβριτσα (Arkadien): *Dьbrica, Βέρβα (Joannina): *Vьrba usw. In Lehnwörtern: βούλγαροι: abulg. *blъgarinъ pl. *blъgare.

 

b) Βερσίτσι (Achaia): *Vьršьcь, zu *vьrchъ »Gipfel«; Βιτρινίτσα (Doris): *Větrьnica: větrъ »Wind«; Λιασκοβέτσι (Joannina): *Lěskovьcь; Λιάσκοβον 1. Phthiotis, 2. Karditsa: *Lěskovo; Δριάνοβον (Larissa), Δρυάνοβον (Kozani): *Drěnovo: drěnъ »Kornelkirsche« usw.

 

c) Die Schreibungen αυ, ευ geben die Laute av, ev (bzw. af, ef vor stimmlosen Konsonanten) wieder: Es könnte dafür ebenso gut αβ, εβ geschrieben werden. Daher: Γαύροβον 1. Trikkala, 2. Drama, zu slav. *Gabrovo; Γάβριτσα (Pella): slav. *Gabrišče; Γάβρεσι (Florina): Gabreš usw.

 

So ist es auch phonetisch das gleiche v und nur eine graphische Verschiedenheit, wenn bei Theophanes Σκλαυινίαι und anderswo Σκλάβοι geschrieben wird. Vgl. Psaltis, Gramm. 124.

 

2. Griech. γ war ebenfalls vor der Slavenzeit zu einem stimmhaften Spiranten geworden, d. h. ʒ vor hinteren Vokalen und Konsonanten, dagegen

 

 

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gleich j vor vorderen Vokalen. Als Verschlußlaut hat es sich nur nach Nasal erhalten. Daher entspricht es:

 

a) einem slav. g : Γάβρεσι (Florina): *Gabrešь; Γαύροβον 1. Trikkala, 2. Drama: *Gabrovo; Γαρδίκι 1. Trikkala, 2. Arkadien, 3. Messenien, 4. Phthiotis, 5. Joannina, 6. Paramythia usw.: *Gordьkъ, Vorstufe von altbulg Gradьcь: Γαστούνη (Elis): *Gostynь.

 

b) einem slav. j in: Γιάλοβα 1. Messenien, 2. Kallipolis: slav. *Jalova, Γερμοτσάνη (Elis): slav. *Jarьmъčane; Γιάρμενα (Elis): *Jarьmьna; Γιαβόργιαννη (Pella): *Javorjane; Γιαβόρ (Drama): *Javorъ. Neben Ἀγόργιανη (Lakonien) begegnet die Schreibung Ἀγόριανη 1. Böotien, 2. Parnassis, 3. Phthiotis, Ἀγώριανη (Rhaidestos): *(O)gorjane, bzw. *Gorjane; ferner erscheint γ für j auch in: Βόργιανη (Trikkala): *Borjane: borъ; Γιάκοβη (Kozani): Jankovo usw.

 

In mehreren Fällen könnte für slav. g ein griech. γ oder g erwartet werden, doch ist der g-Laut heute ohne Vertretung geblieben, weil der Spirant γ manchmal intervokalisch geschwunden ist. Vgl. Βαλτσώρα (Joannina): *Boltьca Gora, *Blatьča Gora, Βελαώρα (Phokis): *Běla Gora; Τσιρναόρα (Messenien): *Čьrna Gora, abg. črьna g.; Μπόσκλοβον (Karditsa): PN. Boguslavъ: Ζώριανη (Joannina) aus *Zagorjane, Ζώριστα (Joannina): *Zagorišče. Besonders oft zeigt unser Material Schwund eines γ zwischen α und ο, offenbar weil die velare Verengung zwischen so breiten Vokalen unvollständig war und dann unterblieb. Die sonstigen Bedingungen dieses γ-Schwundes kann ich nicht ermitteln. Teilweise könnte es sich um hyperkorrekte Schreibungen handeln, weil bekanntlich im Spätgriech. auch sekundäre Entwickelung eines γ (Krumbacher »irrationaler Spirant«) begegnet.

 

3. Griech. δ war schon lange vor den Slaven zu einem stimmhaften Spiranten geworden, abgesehen von der Stellung nach Nasal, wo es als Verschlußlaut bewahrt geblieben ist. In unserm Material entspricht es gewöhnlich einem slav. d: Δέβρη 1. Kozani, 2. Adrianopel: bulg. Debъr; Δίβρη 1. Phthiotis, 2. Elis : abg.*Dьbrь; Δραγαμέστον (Akarnanien): *Dragoměsto; Δρενοβον (Florina): *Drěnovo; Δρένοβα (Drama): *Drěnova; Δολιανά 1. Joannina, 2. Eurytanien. 3. Trikkala, 4. Arkadien, Δόλιανη 1. Florina, 2. Joannina: *Doljane, *Doljani.

 

 

§ 9.  Stimmhafte Verschlußlaute.

 

Die Lautverbindungen Nasal + β, γ, δ und Nasal + π, κ, τ sind im Mittelgriech. zusammengefallen und haben die Lautgruppen mb, g, nd ergeben. Das Neugriech. gebraucht für fremde b-, g-, d-Laute die Schreibungen μπ, γκ, ντ. Da dieselben Buchstabengruppen auch zur Wiedergabe der Lautverbindungen mb, g, nd gebraucht werden, ist es schwer, aus der Schreibung zu ermitteln, ob nur eine Media explosiva oder Nasal + Media explosiva in der Ausspräche entspricht.

 

 

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a) Griech. μπ für b liegt vor in: Μπάνια 1. Kozani, 2. Pella, aus slav. *Banja; Μπάνιτσα 1. Serres, 2. Florina: *Banjica; Μπέλεσι 1. Arkadien, 2. Lokris, 3. Argos: *Bělešь; Μπουκοβίνα (Elis): *Bukovina; Μπούκοβον (Drama): *Bukovo; Μπουκουβίτσα (Karditsa): *Bukovica; Βούρμπιανη (Joannina): bulg. *Vъrbjane; Γράμποβο (Joannina): *Grabovo. Das Μπ- erweist in allen diesen Fällen eine verhältnismäßig späte Übernahme des Ortsnamens durch die Griechen, während Namen gleicher Herkunft mit Β-, z. B. Βάνια (Trikkala), Βάνιτσα (Kozani), u. dgl. den Griechen früher bekannt geworden sein müssen, jedenfalls das Β- stärker gräzisiert erscheinen.

 

b) Griech. μπ (μβ) für slav. Nasal + labialer Verschlußlaut: Δάμποβον (Pella): Dъmbovo; Δουμπιά (Chalkidike): *Dǫ̂je; Δομπράβα (Hebros): *Dǫbrava; Ἄμπλιανη (Eurytanien): *Ǫbljane; Ἄμπροβιτσα (Joannina): *Dǫbrovica; Βόμπλο (Joannina): *Vǫblъ.

 

c) Griech. γκ (γγ) gibt slav. g wieder in: Γκόρνιτσα (Serres): Gornica; Γκόριτσα (Florina): Gorica; Γκέρμπεσι 1. Argos, 2. Achaia, 3. Karditsa: *Gъrbešь: *gъrbъ »Höcker, Hügel«, Γκρίμπιανη (Joannina): *Gribjane; Γκρίμποβον (Joannina): *Gribovo; Γκράσδενι (Florina): Gražden; Γκλομποτσάνη (Florina): *Glǫbočane; Ῥογκοβοῦ (Joannina): *Rogovo; Γκλογκοβός (Trikkala): *Glogovo; Γλογγοβίτσα (Karditsa): *Glogovica; Μπλαγκοβίτσα (Arta): *Blagovica; Ῥιγκόζιο (Arta): *Rogozь̂je: rogozь. Die daneben nachweisbaren Formen Γορίτσα 1. Joannina, 2. Preveza, Γλόγοβα (Arkadien), Γλογοβίτσα (Karditsa) zeigen entweder chronologisch frühere oder teilweise nur graphisch gründlichere Gräzisierung.

 

d) Griech. γκ (γγ) dient zue wiedergabe von slav. Nasal + Guttural: Λάγκα (Preveza): *Lǫka; Λαγγαβίτσα (a. 1348 Thessalien): *Lǫkavica; Λογγοβίτσα (Joannina): *Lǫgovica; Ζάλογγος (Preveza): *Zalǫ.

 

e) Griech. ντ (νδ) entspricht slav. d: Ντόλιανη (Joannina): *Doljane bzw. *Doljani; Ντόβρα (Joannina): *Dobra; Ῥαντοβάνη (Joannina): *Radovanjь: PN Radovanъ; Ντόλος (Kozani): *Dolъ; Ζαπάντι 1. Akarnanien, 2. Phthiotis, 3. Trikkala, 4. Messenien, 5. Euboia: *Zapadъ. Auch hier muß angenommen werden, daß Namen wie Δολό (Joannina): *Dolъ, Δολιανά 1. Joannina, 2. Eurytanien, 3. Arkadien, Δόλιανη 1. Joannina, 2. Eurytanien, 3. Arkadien, Δόλιανη 1. Joannina, 2. Berrhoia, früher oder gründlicher gräzisiert worden sind als Ντόλος, Ντόλιανη u. dgl.

 

f) Griech. ντ (νδ) gibt slav. Nasal + Dental wieder: Σανδοβίτσα (a. 1319), Σαντοβίτσα (Joannina): *Sǫdovica; Γρεντά (Joannina): *Gręda; Πρόμαντα (Arta): *Prěmǫ; Ῥεντίνα (Karditsa) geht ebenso wie Ῥεντίνη 1. Kr. Katerini, 2. Chalkidike, auf ein slav. *Rędina: rędъ zurück.

 

In vereinzelten Fällen scheint nd vor vorderen Vokalen griech. ng (γγ) ergeben zu haben. Z. B. Ῥεγγίνι (Lokris), das auch zu *Rędina zu gehören scheint. Eine Gesetzmäßigkeit kann ich dabei nicht ermitteln.

 

 

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Wenn auch im allgemeinen klar ist, daß die früher gräzisierten Namen slav. b, d, g durch β, δ, γ, die später von den Griechen angeeigneten dagegen durch μπ, ντ, γγ (γκ) vertreten, ist diese verschiedene Lautvertretung chronologisch nicht immer zu verwerten, weil das Material bei einem und demselben Namen oft Schwankungen aufweist. Es genügt hinzuweisen auf Δοβρίνοβο (Lex., Joannina), wofür A. Δομπρίνοβο schreibt, auf Δόβρον neben Ντόπρον (Joannina), Ζαγανιάρη (Andros) neben Ζαγγανιάρη, Δοβράνη (Kozani) neben Ντοβράνη, wofür K. Dobrani hat, Δοβράτοβον (Kozani) neben Νροβράτοβον bei K. Dobratovo.

 

Mitunter wird b, d, g nicht nur durch μπ, ντ, γκ, sondern anscheinend in vereinfachter Schreibung durch π, τ, κ wiedergegeben. Vgl. Ῥαδοσίνιστα (Lex., Kozani) neben Ῥατοσίνιστα (A.): *Radošinišče; Γριμπιανά (Karditsa, Lex.) heißt auch Γριπιανά (Nuch.); Γριμπιανή (Joannina) ist auch als Γρυπιανή, Γρυμπιανή bezeugt. In solchen Fällen handelt es sich um größere oder geringere graphische Gräzisierung.

 

Eine Sicherheit darüber, ob Schreibungen mit μπ, γκ, ντ mit oder ohne Nasal vor der Media explosiva gesprochen werden, gibt uns die neugricehische Schreibung nicht. Diese Frage kann mitunter, aber nicht immer, mit Hilfe der slavischen Etymologie gelöst werden. Dabei muß aber auch noch in Betracht gezogen werden, daß in verschiedenen nordgriechischen Mundarten (Lesbos, Chalkidike u.a.) die alten griech. Lautverbindungen μπ, μβ, γκ, γγ, ντ, νδ lautgesetzlich durch b, g, d vertreten sind und den vorausgehenden Nasal dem Verschlußlaut assimiliert haben.

 

 

§ 10.  Stimmlose Verschlußlaute.

 

a) Griech. π entspricht in der Regel slav. p : Πεπελινίτσα (Achaia): *Pepelinica; Πλέσια (Joannina), Πλέσσα (Doris): *Plěša; Πλησεβίτσα (Florina), Πλησίβιτσα (Joannina): *Plěšivica; Πορετζοῦ (Elis): *Porěčь̂je; Πολιάνα 1. Lakonien, 2. Trikkala, Πολιανή 1. Messenien, 2. Pella: *Poljana; Πράδαλλα (Joannina): *Prědělъ; Σοπωτόν (Achaia): *Sopotъ, Κόπριβα (Kozani), Κοπρίβα (Serres): *Kopriva; Ζούπαινα (Lakonien): *Župьna; Ζουπάνιον (Kozani); *Županje : Županъ, Ζαπάντι (oft, s. nuten S. 252): *Zapadъ usw.

 

Die Lautverbindungen μπ und μβ sind im Mittelgriech. in mb zusammengefallen, daher entspricht hier graphisches π gesprochenem b.

 

b) Griech. κ dient zur Wiedergabe des slav k : Καρούτες, Καρούτια (Doris): *Koryto; Καμινίτσα 1. Achaia, 2. Arkadien: *Kamenica; Καλέντσι 1. Achaia. 2. Attika, 3. Joannina, 4 Akarnanien: *Kalenьcь, Loc. sing. *Kalenьci; Λιασκοβίτσι (Joannina): *Lěskovec; Λιάσκοβον 1. Phthiotis, 2. Karditsa: *Lěskovo usw.

 

Die Lautverbindungen γκ und γγ waren im Mittelgr. in g zusammengefallen, daher entspricht hier geschriebenes k gesprochenem g.

 

 

251

 

c) Griech. τ entspricht slav. t : Τέρνοβα 1. Akarnanien, 2. Eurytanien, Τέρνοβον (Florina): slav. *Tьrnova, *Tьrnovo; Τοπόλα (Preveza), Τοπόλια 1. Böotien, 2. Parnassis, 3. Kreta: slav. *Topolja; Τρεστενά (Arkadien): *Trьstěna, *Trъstěna, Τρέστενικ (Pella): mazed. Tъrstenik; Καρούτες, Καρούτια (Doris): *Koryto; Καρύταινα (Arkadien): *Korytьna.

 

Die Lautgruppen ντ und νδ fielen im Mittelgriech. in nd zusammen. Nach Nasal läßt sich daher für älteres t nur ein gesprochenes d erwarten.

 

 

§ 11.  Die stimmlosen Spiranten φ, χ, θ.

 

Es ist bekannt, daß den altgriechischen aspirierten Tenues im Mgr. bereits stimmlose Spiranten entsprechen.

 

Das griech. φ erscheint selten in unserem Material, da der f-Laut dem älteren Slavisch fehlt. In Fällen wie Φράστανα (2mal, Joannina), a. 1321: Φρεάστανα, a. 1319: Φρεάστονα entspricht das φ einem slav. f aus chv-, Grundform also *Chvrastьna. In Σφελένικον (Preveza) aus slav. *Svilen- ist das slav. sv- durch geläufigeres griech. σφ- ersetzt. In Κρίφτσι (Kozani) aus Krivci (älter *Krivьci) handelt es sich um Assimilation benachbarter Konsonanten, wobei f aus v hervorgegangen ist. In Σνέφτσα (Thessalonike): *Sněžьnica ist der Labial an die Stelle eines slavischen Zischlautes getreten, wie auch im ON Μπρούφλιανη (Phthiotis), der nicht zu trennen ist vom Lehnwort μπρούφλιανη »Efeu« aus bulg. brъšl'anъ. Über griech. σφ als Entsprechung eines slav. sv vgl. unten S. 297 ff.

 

Griech. χ gibt gewöhnlich einen slav. ch-Laut wieder, der in mittelgriech. Zeit als Hinterzungenlaut (ach-Laut), nicht als Kehlkopfspirant (h) anzusetzen ist. Beispiele für χ sind: Ἀράχοβα 1. Phokis, 2. Böotien. 3. Achaia, 4. Lakonien, 5. Joannina, 6. Akarnanien, 7. Eurytanien, 8. Arkadien, 9. Messenien, aus *Orěchova ebenso daraus Ῥάχοβα (Berrhoia), sowie a. 1327: Ῥεάχοβον (Thessalonike); Ἀραχοβίτσα 1. Eurytanien, 2. Joannina, 3. Karditsa, aus *Orěchovica; Χελμός 1. Achaia 2. Arkadien, Χέλμος (Lakonien), Χέλμη (Elis), neben Χλοωμός 1. Kerkyra, 2. Lokris, 3. Phthiotis, 4. Joannina, aus slav. *chъlmъ »Hügel«; Χλαπῶν σύνορον (Trikkala): slav. *chlapъ »Bauer, Knecht«; Χαρβάτι 1. Attika (zweimal), 2. Argolis, Χαρβάτα (Kreta): *Chъrvati; Χωτένα (Karditsa): PN Chotěnъ; Διχομήρι (Arta): Tichomir, *Tichoměrjъ usw. Die Verbindung σχ hat im Mittelgriech. den Lautwert σκ, weil altes σχ mit σκ in sk zusammengefallen ist. Daher finden sich Schwankungen in der Bezeichnung des Moskowitischcn Reiches, das in Patriarchenurkunden in verschiedener Schreibung im 16. Jahrhundert als Μοσκοβεία, Μοσκοβία, Μοσχοβεία, Μοσχόβιον erscheint. Vgl. die Beispiele bei Regel, Anakvta, Index s. v.

 

Griech. θ begegnet m slavischen ON oder Lehnwörtern fast nie, weil dem Slavischen ein derartiger Laut fehlt. In der Verbindung σθ erscheint es für gesprochenes st in Βρέσθενα (Lakonien): *Brěstьna; Βρεσθενίτσα

 

 

252

 

neben Βρεστενίτσα (Arta): *Brěstьnica; Ζάσθενα (Magnesia, Thessal.): *Zastěnь̂je, auch Σθλαβηνοί neben Σκλαβηνοί: *Slověne. In letzteren Beispielen ist ein t in der Lautgruppe sl- eingeschoben, und später ist stl im Griech zu σκλ- geworden. Die Schreibungen Βρέσθενα, Ζάσθενα u. dgl. beruhen dagegen darauf, daß im Griechischen altes σθ lautlich zu στ geworden war und die Schreibung σθ in einigen Fällen als die vornehmere dem volkstümlichen στ vorgezogen wurde. Über das Verhältnis Στενίμαχος : Σθενίμαχος handelt Čilev, Izv. Bъlg. Archeol. Inst. I 236. Er hält den Namen für griechisch und die Form mit Σθ- für die ältere.

 

 

§ 12.  Die Zischlaute.

 

a) Griech. ζ war zur Slavenzeit ein stimmhafter Spirant z, wie im Neugriech. Es erscheint als Vertreter: a) eines slav. z : Ζαβέρδα (Akarnanien) *Zabьrdo, *Zabьrdь̂je; Ζαγορά (Thessalien), Ζαγόριον (Joannina); *Zagora, *Zagorь̂je; Ζαγόριανη (Joannina): *Zagorjane; Ζαγοριτσάνη (Florina): *Zagoričane; Ζαπάντι 1. Phthiotis, 2. Akarnanien, 3. Euboia, 4. Messenien: *Zapadъ usw.

 

b) für slav. ž : Λούζα (Phokis): *Luža; Λουζίτσα (Berrhoia): *Lužica; Ζούπαινα (Lakonien): *Župьna; Ζουπάνιον (Kozani): *Županje: županъ; Ζούζιλτση (Florina): Žuželci; Ζούζουλη (Florina): Žužel usw.

 

Manchmal wäre man geneigt zu glauben, daß griech. ζ ein slav. žd vertritt, wenn ein und derselbe Name als Ῥαδοβύζι, Ῥαδοβίζι und Ῥαδοβίσδι (Joannina) überliefert ist. In solchen Fällen ergibt stärkere Gräzisierung ein ζ, während geringere Anpassung an griechisches Sprachgut ein σδ beibehält.

 

c) Griech. σ dient zur Wiedergabe eines slav. s in: Σαλμενῐκον (Achaia): *Solmьnikъ *Slamьnikъ; Σαμόκοβον (Drama): *Samokovъ; Σανοβόν (Joannina): *Sěnovo; Σάντοβον (Larissa): *Sǫdovo; Σελᾶ 1. Eurytanien, 2. Triphylien: *Sela; Σέλιτσα 1. Eurytanien, 2. Lakonien: *Selьca; Σελιτσάνη (Larissa): *Selьčane; Σλήμνιτσα (Florina): *Slivьnica usw.

 

d) Griech. σ erscheint für slav. š : Σίπκα (Joannina): bulg. Šipka; Σίρακον (Attika), Σύρακον (Joannina): *Široko; Σιρότσιανη (Kozani): Širočane; Ἔλσανη (Eurytanien): *Elьšane; Σουσίτσα (a. 1336, Trikkala) ein ξεροπόταμος : *Sušica »Dürrbach«, Σουσάκι (Korinth): *Sušakъ; Βερσίτσι (Achaia): *Vьršьcь usw.

 

Ein griech. σ für stimmhaftes slavisches z oder ž tritt nur vor stimmhaften Konsonanten auf und dient wohl nur graphisch zur Wiedergabe von gesprochenem z : Ἴσβορος 1. Joannina, 2. Kozani, Ἴσβορον (Chalkidike), Ἴσβορ (Pella): *Izvorъ; Μπρέσνιτσα (Florina): Brěznica K.; Λόσνα (Lakonien): *Loz(ь)na; Σδράλτση (Florina): Zdral'ci. In andern Fällen ist dieser z-Laut vor stimmhaften Konsonanten auch durch ζ wiedergegeben: Ἴζμπιστα (Drama): *Izbište. Bei den griechischen Schreibungen mit

 

 

253

 

Σμ- für slav. sm- ist aber zu beachten, daß bereits in vorchristlicher Zeit im Griechischen ein Wandel von sm zu zm eingetreten ist und daher lautlich byzant. σμ mit ζμ gleichzusetzen ist. Dazu vgl. Meisterhans-Sehwyzer, Gramm. 88 und Psaltis, Gramm. 133.

 

e) Von dem griech. j-Laut (geschrieben γε, γι, για, γιο, γιου) ist bereits oben S. 248 die Rede gewesen.

 

f) Griech. τσ (auch τζ) erscheint für slav. c : Τσαρκοβίστα (Joannina): *Cьrkъvišče; Τσερκίτσα (Arta): *Cьrkъvica; Τσερκούβιανα (Preveza): *Cьrkъvjane; Σέλιτσα 1. Achaia, 2. Eurytanien: *Selьca; Σέλτσα (Akarnanien): *Selьca; Καμενίτσα (Achaia): *Kamenica; Δίβριτσα (Arkadien): *Dьbrica; Βιστρίτσα (Kozani): *Bystrica.

 

g) Griech. τσ (auch τζ) ist für slav. č eingetreten: Σταρίτσανη (Florina); Staričani (K.); Τζεμερνίκου (a. 1321, Joannina): *Čemerьnikъ; Τσέρνεσι (Joannina): *Čьrnešь; Ῥέτσανη (Larissa): *Rěčane; Πορετσοῦ (Elis): *Porěčь̂je; Τσιρναόρα (Messenien): *Čьrna Gora; Σελίτσανη (Larissa): *Selьčane.

 

Für die Lautgruppe -šč- ist die griech. Vertretung στ : Στεβενῐκον (Böotien): *Ščavьnikъ; auch die vielen -ιστα aus -išče. Hier läßt sich nicht entscheiden, ob die slavische Grundform noch ein -šč- oder bereits ein -št'- hatte. Für Ζουμπάνιστα (Florina) hat K. Županišta als Entsprechung.

 

 

§ 13.  Die Sonorlaute bleiben meist unverändert.

 

a) Griech. μ entspricht slav. m : Μαγούλα (oft, s. oben S. 240) und das Lehnwort μαγούλα aus slav. *mogyla; Μαγουλίτσα (Messenien): *Mogylica; Μαγούλιανα (Arkadien): *Mogyljane; Μαντέτσι (Phthiotis): Mǫtьcь bzw. *Mǫtec; Μάσκλινα (Arkadien): *Maslina; Τζεμερνίκου (a. 1321, Joannina): *Čemerьnikъ; Καμενίτσα (Achaia): *Kamenica; Σαλμενῖκον (Achaia): *Solmьnikъ, *Slamьnikъ usw.

 

Nur vereinzelt dient griech. μ zur Wiedergabe von slav. b. Immerhin halte ich solche Beispiele wie Μουκοβίνα (Joannina): *Bukovina; Μουκάβιτσα (Elis): *Bukovica für unbedenklich, zumal auch im Mgr. ein Ersatz von β durch μ zu beobachten ist (z. B. mgr. μέναυλον : lat. venabulum). Siehe darüber Triandaphyllidis, Lehnwörter 38 und Psaltis, Gramm. 70.

 

Nur selten findet sich in den griech. Namen die slav. Lautverbindung ml, die, dem Griechen ungewohnt, durch ihm geläufigeres bl ersetzt ist: Μπλάσδον (Karditsa): *Mlažde, Κωνομπλάτη (Florina); K. Konomladi. Ähnlich könnte mr durch br vertreten sein, wenn Μπρόσκλαβον mit Μωρόσκλαβον (Akarnanien) identisch sein und auf *Miroslavjь zurückgehen sollte. Bgl. auch Μπρόχοβα (Achaia, Nuch.), das sonstigem Μουρόχοβα: *Mirochova entspricht.

 

 

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b) Griech. ν gibt slav. n wieder in: Νίβιστα (Florina): Nivica K.; Νεγοβάνη (Florina): Negovan K.; Νίβιτσα (Messenien): *Njivica; Νικοσλάβη (Serres): *Νěgoslavjь; Νοβοσέλι (Florlna): Novo Selo K.; Νοβοσέλτσι (Pella): Novoselci K.; Γρεβενόν (Phthiotis): *Grebenь; Πολιάνα 1. Lakonien, 2. Trikkala; Πολιανή (Messenien), Πουλιάνα (Larissa): *Poljana; Πόλιανη (Pella): Poljani K. usw.

 

Bedenkt man, daß oben Beispiele für griech. μ an Stelle von slav. b beigebracht worden sind, dann erwartet man auch griech. ν für slav. d. Für eine solche Vertretung könnte höchstens Νομπρεβίτσα (Lakonien): *Dǫbrovica angeführt werden, weniger klar ist die Zusammenstellung Νεμνίτσα (Arkadien): *Dǫbьnica. In diesen Fallen ist das Vorhandensein eines andern Nasals im betr. ON. zu beachten, an den das anlaut. n durch Fernassimilation angeglichen sein könnte.

 

c) Griech. ρ erscheint für slav. r : Ἀράχοβα 1. Joannina, 2. Böotien, 3. Akarnanien, 4. Arkadien, 5. Achaia, 6. Eurytanien, 7. Messenien, 8. Lakonien: *Οrěchova; Ἀραχοβίτσα 1. Karditsa, 2. Eurytanien, 3. Joannina: *Orěchovica; Ἄβορος (Doris): *Avorъ; Ῥαβαινή (Joannina): *Ravьna; Ῥαβνά 1. Chalkidike, 2. Serres: Rav(ь)na; Ῥάχοβον (Kozani), Ῥιάχοβον 1. Joannina, 2. Kozani: *Orěchovo; Ῥετσιανά (Arta): *Rěčane; Ῥέτσανη (Larissa): *Rěčane.

 

d) Griech. λ vertritt slav. l : Μυλόγουστα (Larissa): *Milogošča; Μπρόσκλαβον (Akarnanien): *Dobroslavъ; Λασκοβίκια (Serres): *Lěskovьcь; Λεπενίτσα (Karditsa): *Lepenica; Λιπιανά (Arta): *Lipjane; Λίππα (Joannina): *Lipa; Χελμός 1. Achaia, 2. Arkadien, Χέλμος (Lakonien), Χλωμός 1. Kerkyra, 2. Lokris, 3. Phthiotis, 4. Joannina: *Chъlmъ bzw. *Chl̥.

 

Über die Lautverbindung λ + Kons. vgl. unten S. 256.

 

 

§ 14. Kombinatorische Konsonantenveränderungen.

 

a) Lautverbindung -σλ-. In dieser Lautgruppe kam in älteren Entlehnungen zunächst ein Übergangslaut t auf, und später wurde aus stl ein skl. Da im Mittelgriech. στ und σθ lautlich zusammengefallen war, konnte für stl auch die Schreibung σθλ eintreten. Auf diese Weise können Formen wie Σθλαβηνοί neben Σκλαβηνοί aus *Slověne eine Erklärung finden. Dazu vgl. Verf., Zschr. f. deutsche Wortf. IX (1907) 21 ff. 315 ff., Triandaphyllidis, Lehnw. 65, Psaltis, Gramm. 103. Ähnlich zu beurteilen ist auch der thessalische Name Σθλανίτζης G. sing. bei Anna Komnena XII 3 (II 140) aus slav. *Slanica. Die Lautgruppe σκλ- findet sich für slav. -sl- auch noch in folgenden Fällen:

 

Σκλάβοι (Kreta), Σκλαβοχώρι 1. Lakonien, 2. Tenos, Σκλαβοπούλα (Kreta), Σκλαβοδιάκου Μετόχιον (Kreta), Σκλαβέϊκα (Triphylien), Σκλάβαινα (Akarnanien), die allerdings von dem griech. σκλάβος : lat. sclavus stammen

 

 

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oder Σκλιάβη (Joannina) aus einer Vorstufe des alb. šk'ā »Bulgare« griech.-alb. škl'ā »Grieche«: lat. sclavus. Bestimmt griechisch ist aber das κ in: Μάσκλινα (Arkadien): *Maslina; Μπόσκλαβον (Karditsa): PN. *Boguslavъ; Μπρόσκλαβον (Akarnanien): PN. *Miroslavъ; Σκλάταινα 1. Karditsa, 2. Trikkala: *Slatina; Σκλήβα, Σκλίβα (Triphylien): *Sliva; Σκλήβενον (Trikkala): *Slivьno; Σκλοῦπον (Arta): Stl̥ (wo allerdings das t schon slavisch ist). In jüngeren Entlehnungen slavischer ON ist Σλ- beibehalten. So in Σλάτινα (Kastoria): Slatina K.; Σλήμνιτσα (Kastoria): Slimništa K., Σλίβενη (Kastoria): Sliveni K.; Σλώπνιτσα (Pella): Šljopinci (K.). Μυροσλάβιστα (Florina): Miroslav, Miroslavci K., Νικοσλάβη (Serres): N'agoslav K., Σλάνιτζα (Serres): *Slanica. Nur selten ist in jüngeren Namen Σλ- durch Ζλ- vertreten, wie in Ζλάτινα (Pella): Slatino K. Hier handelt es sich um einen griechischen Wandel wie oben bei σν : zn und allgemeingriech. zm aus σμ. Wohl später als die Fälle mit σκλ- von den Griechen angeeignet sein müssen die Fälle, in denen die dem Griechischen unbequeme Lautverbindung sl- durch Einschubvokal beseitigt ist: Συλίβαινα (Elis): *Slivьna, Συλίμα (Arkadien) von *Slimna aus älterem *Slivьna.

 

In der für das Griechische ungewohnten Lautverbindung -sn- läßt sich auch ein t-Einschub nachweisen, der graphisch durch σθν wiedergegeben wird: Σώσθνα eine πλανινή in Mazedonien (Skoplje), urk. 1320, s. Viz. Vrem. XVII 127, aus slav. *Sosna »Fichte«; Πόσθνη »Bosnien« bei Laonik. Chalkond. II 26, 10 aus skr. Bosna.

 

 

b) Lautverbindung Nasal + Spirant. Wie im Vulgärlatein hat auch im Mittelgriech. die Lautverbindung von Nasal + Spirant den vorausgehenden Nasal eingebüßt. In puristischen Schreibungen konnte dieser Lautwandel eine Reaktion hervorrufen, indem »gebildetere« Schreibungen mit historisch unberechtigtem Nasal eingeführt wurden. Das ist z. B. der Fall bei Κανστρίτζιον (Manuel Philes, 14. Jahrhundert, s. Loparev 50) für Καστρίτζιν : lat. castrum. Beispiele für den Nasalschwund bei Psaltis, Gramm. 80 ff. und Triandaphyllidis Lehnwörter 46 und 62 (mit Liter.). Es sei erinnert an mgr. μισάλιν : lat. mensale, ἀντιμίσιον von lat. mensa u. dgl. Wenn in griechischen ON kein Nasal vorliegt in Fällen wie Γούστιανη (Akarnanien): *Gǫščane, so darf darin nicht ein Hinweis auf einen slavischen Dialekt mit u für ǫ gesehen werden, weil der Nasal hier im Griechischen geschwunden sein kann und weil slav. ǫ vor Verschlußlauten erhalten geblieben ist. Griechischer Schwund der Nasalität kann auch vorliegen in: Ντρόζγκα (2mal, Joannina) aus *Drǫzga, oder in Λοζέτσι (Joannina), wenn aus *Lǫzьcь : lǫ.

 

Wenn slavische ON von den Griechen in jüngerer Zeit übernommen wurden, dann ist es nicht zum Schwunde des Nasals vor s gekommen. Die schwierige Lautverbindung wurde aber dem Griechen dadurch be-

 

 

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quemer gemacht, daß ns zu nts verändert wurde. So erklärt sich: Βαντσικό (Kozani) aus Banjsko; Βοδεντσικό (Kozani) aus Vodensko; Κοντσικόν (Kozani) aus Konsko (K.), älter *Koń(ь)sko. Eine ähnliche Behandlung von rsrts zeigt Σμπόρτσκον (Pella) aus Sborsko (K.), älter *Sъbor(ь)sko.

 

c) Lautverbindung: Vokal + l + Kons.  In dieser Verbindung ist im Mittelgriech. ein Wandel des λ zu ρ erfolgt. Vgl. ngr. ἀδερφος aus ἀδελφός. Weiteres bei Triandaphyllidis, Lehnw. 6 ff. (mit Liter.). Durch puristischen Übereifer erklären sich solche Schreibungen wie Σελβία für Σερβία, urkundlich belegt in Kastoria a. 1637, s. Gelzer, Ber. sächs. Ges. d. Wiss. 1903 Nr. 2 S. 84, oder φοῦλκα für φούρκα: lat. furca usw., wozu Psaltis, Gramm. 98 ff. In unserem Material müssen als hyperkorrekte Formen mit l angesehen werden: Βελβίτσαινα (Akarnanien) aus *Vьrbičьna: *Vьrbica; Βελβίτσι (Achaia): *Vьrbica.

 

d) Das Verhältnis von schriftsprachlichem διά und vulgärem γιά hat auch einen Einfluß auf die lautliche Gestaltung der slavischen ON gehabt, weil man sich veranlaßt sah, den Anlaut Ja- (schriftl. Γιά-) gebildeter zu gestalten und dafür puristisches Δια- setzte. Ein Beispiel dafür ist Διαβόρνιτσα (Berrhoia) aus *Javor(ь)nica, ferner Διάμπολις, der Name für Jambol in Bulgarien bei Manuel Philes (s. über letzteres Jireček, Christl. Elem. 85). Ähnlich zu deuten ist wohl das Verhältnis von Διασόρνη (Ainos, Thrakien) und Γιασόργιαννη (Drama).

 

e) Bereits vor dem Slaveneinbruch war im Griechischen die Lautverbindung f + s zu ps geworden (z. B. Aor. -ευσα zu -εψα). Es gab deshalb zur Slavenzeit kein f + s. Aus diesem Grunde wurden slavische Lautverbindungen um sekundärem v + s bzw. v + c von den Griechen durch ps (ψ) ersetzt. Daher ist es begreiflich, wenn Δραγοψᾶ (Joannina) aus *Dragov(ь)ci, Δρεαβοψᾶ (Joannina) aus *Trěbov(ь)ci, Χώζεψι, Χώσεψι (Joannina) am *Chodževci vorliegt. Dagegen muß eine hyperkorrekte Schreibung angenommen werden bei Λεαυσίστα (1319, Joannina) gegenüber ngr. Λαψίστα: *Lěpъšišče.

 

f) Methathesen lassen sich beobachten bei benachbarten Lauten, besonders in der Lautgruppe dg, die im Griech. zu γδ umgestellt worden ist. Vgl. Πογδορά (Joannina) *Podgora, *Podgorь̂je; Πογδόριανη (Joannina) aus *Pod(ъ)gorjane. Bei diesen Namen hat aber auch eine volksetymologische Anknüpfung an Ableitungen von ποδός mitgewirkt, denn in einigen griechischen Formen dieses slavischen ON erscheint auch eine Art Kompositionsvokal: Ποδογορά (Triphylien), Ποδογόρα (Preveza), Ποδογαρᾶ ἢ Ποδόγυρα (Arkadien), Ποδογόργιανη (Drama). Es ist nicht ausgeschlossen, daß dieser Vokal durch den reduzierten Vokal von podъ- angeregt worden ist, da die älteste slavische Form *Podъgorь̂je lautete.

 

 

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Weitere Fälle einer Metathese wären Ντραμπάτοβα (Joannina) aus *Bradatova, Τολπίτσα (Trikalla) aus *Toplica; Μέβδεζα, Μέγβεζα, Μέβγεζα (Joannina) aus *Medvěžda, Adj. von medvědь »Bär«.

 

g) Assimilationen von Konsonanten können festgestellt werden in: Βλωβοκά (Achaia) aus *Glъboka, wo γ-β zu β-β geworden ist. Ferner in Λεδέσδα (Joannina), das wohl auf *Lebežda, Adj. zu lebedь »Schwan« zurückgeht, also β-δ zu δ-δ verändert hat. Anscheinend ist ζ-τσ zu τσ-στ geworden in Τσαριτσάνη (Larissa), wenn es aus *Zarěčani stammt.

 

h) Dissimilationen finden sich besonders bei identischen oder bei artikulatorisch einander ähnlichen Nachbarsilben, z. B. in Βλαχώριον (Joannina) aus *Βλαχοχώριον, Πλανίτσα (Kilkis) aus *Planinica; Σπλάντζα (Preveza) aus *Planinica mit ᾽ς von der Präposition, Σελιπιανά (Karditsa) aus *Selo Lipjane, Βοκβότας (Arta) aus *Bukova Voda; Γιαννουβόντα (Joannina) aus *Janova Voda; Μπρόσκλαβον (Akarnanien), wenn aus (εἰ)ς τὸ Δομπρόσκλαβον vom PN *Dobroslavъ; Νιάουστα, Νιάγουστα (Thessalonike) aus *Něgogošča.

 

Sehr gewöhnlich ist dann noch, wie in vielen Sprachen, die Dissimilation von n-n zu λ-ν, z. B. in Λιγκοβάνη (Langada) aus *Něgovanjь, oder von r-r zu ρ-λ wie in Γκριτζάλη (Berrhoia), das wohl auf *Grъnьčari zurückgeht.

 

Auch στ-στ konnte durch Dissimilation zu σ-στ werden. Vgl. Ῥασίσθλαβος (Vita S. Clementis, ed. Miklosich, S. 6): *Rastislavъ, westslav. Rostislavъ. Ähnlich erklärt sich wohl auch Σουδενά 1. Epirus, 2. Achaia, das in einem Fall bestimmt auf Στουδενά zurückgeht, in dem andern aber höchst wahrscheinlich desselben Ursprungs ist: slav. *Studena; Σουδενά dissimiliert in στὰ Στουδενά. Eine Dissimilation von ts-st zu t-st scheint schließlich vorzuliegen in Τίστα (Kozani), das slav. Čista entspricht.

 

i) Entfaltung sekundärer Vokale hat im Griechischen stattgefunden bei der Übernahme von Namen, die für einen Griechen ungewohnte Lautverbindungen enthielten. Z. B. Κοβόσδα, Γκουβόσδα, Γκοβόζδας (Epirus): *Gvozdъ; Καβόσδα (Preveza) aus gleicher Quelle; Ζιρέλια (Phokis), Ζερέλια (Joannina): *Žrělo; Συλίβαινα (Achaia): *Slivьna; Συλίμνα (Arkadien): *Sliv(ь)na usw.

 

k) Doppelkonsonanz. Die doppelte Schreibung von Konsonanten in den griechischen ON slavischer Herkunft hat nur graphisch Bedeutung und ist wohl manchmal dadurch gefördert worden, daß mehrfach, vorkommende Namen in der Schreibung unterschieden werden mußten. Lautliche Geltung können die Schreibungen mit doppelter Konsonantenbezeichnung nicht haben, weil schon vor der Slavenzeit doppelte Konsonanten fast auf dem ganzen griechischen Sprachgebiet mit

 

 

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einfachen Konsonanten zusammengefallen waren. Eine Ausnahme bilden nur südöstliche griechische Inseldialekte (Kypros, Rhodos, Karpathos usw.), die für unser Material nicht in Frage kommen. Vgl. auch Thumb, Ngr. Handbuch2 24. Auch vom slavistischen Standpunkt lassen sich die Schreibungen mit Doppelkonsonanz lautlich nicht erklären, z. B. Λίππα (Joannina): *Lipa; Καλίννοβον (Kilkis): Kalinovo; Καλλιανή (Kozani): *Kaljane, ebenso Καλλιάνοι (Arkadien), Καλλιανοί (Euboia); Καλλίνιτσα (Pella): *Kalinica; Πόπποβον (Joannina) neben Πόποβον (Kilkis): Popovo; Σελλιάνα (Elis), Σέλλιανη (Joannina) neben Σέλιανη 1. Phthiotis, 2. Drama, beides aus *Seljane, *Seljani, usw.

 

l) Einführung eines griechischen Kompositionsvokals läßt sich in verschiedenen Fällen beobachten. So z. B. in Γενοβονίβα (Joannina) für *Janova Njiva, wohl auch in Βοκβότας (Arta), wenn es dissimiliert ist aus *Βοκβοβότας: *Bukova Voda, oder Μακρόλογγος (Elis) aus *Mokrъ̂jь Lǫ. Vgl. auch Ποδογόρα (Preveza), Ποδογορᾶ ἢ Ποδόγυρα (Arkadien), Ποδογόργιανη (Drama) für *Podъgora, Podъgorь̂je, *Podъgorjani (aus -ane). Der Kompositionsvokal fehlt in Πογδορᾶ, Πογδόριανη (Joannina), wozu oben S. 256.

 

 

§ 15.  Sandhierscheinungen.

 

a) Vorschlag eines Ν- vor vokalischem Anlaut. Diese Erscheinung zeigt sich schon in νῶμον st. ὦμον bei Prodromos IV 110 nach Hesseling-Pernot, Index 209, vgl. auch Korais, Ἄτακτα I 183, Psaltis, Gramm. 83. Unter den slavischen ON findet sie sich in Νεζερός (Larissa), Νεζερίτικα (Achaia) gegenüber sonstigem Ἐζερός aus slav. *Ezero; Νίζβαρη (Akarnanien): slav. *Izvorъ; Ναβαρῖνος (Messenien) aus Ἀβαρῖνος von slav. *Avorьnъ. Hier erklärt sich das Ν- durch falsche Worttrennung aus der Verbindung (εἰ)ς τὸν Ἐζερόν usw. Ähnliche Fälle sind schon früher zusammengestellt worden von G. Meyer, Analecta Graeciensia 11 ff. (mit älterer Literatur). Ähnlich entstanden ist Νιμπουρειό auf Syme aus Ἐμπόριον, Ἐμπορεῖον (wozu Bojadzidis, Ἀθηνᾶ 20, 15, Amantos, ZONF V 67); Νιός aus τὴν Ἴον (s. Amantos a. a. O.), Nivero e. Tschiflik des Iberischen Athosklosters in Ostmazedonien, aus τῶν Ἰβήρων, südöstl. von Serres (s. Per. Spis. VII 847), Νίμβρος für Ἴμβρος, Νύδρα für Ὕδρα, Νικαριά für Ἰκαριά usw., s. Veis, Viz. Vrem. XX 63 ff.

 

 

b) Verlust eines anlautenden Konsonanten (meist T oder D), evtl. mit folgendem Vokal. Er erklärt sich ebenfalls durch falsche Worttrennung vom Artikel. Vgl. Ἀμπροβίτσα (Joannina) aus slav. *Dǫbrovica bzw. *Dǫbravica.

 

Durch Silbendissimilation in Verbindungen mit dem Artikel wie (εἰ)ς τὴν Τιχοπόλιανη(ν) konnte aus Τιχοπόλιανη (Joannina) ein Χοπόλιανη entstehen (slav. *Tichopoljane von Ticho(je) Polje). Ähnlich zu erklären ist Μπρόσκλαβον (Akarnanien), wenn vom PN *Dobroslavъ.

 

 

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c) Verlust eines anlautenden Σ- oder Vorschlag eines neuen Σ- durch falsche Trennung von der Präposition ᾿ς (εἰς).

α) Der Verlust eines Σ- wird veranschaulicht durch den Namen von Sofia, griech. Σαρδική, Σερδική, lat. Serdica, aus letzterem ist bulg. Srědьcь durch Liquidametathese entstanden. Es wäre daraus bei Rückentlehnung zunächst mgr. *Στριάδιτζα zu erwarten. Dieses hat offenbar in der Verbindung mit εἰς sein s eingebüßt, denn es heißt Τριάδιτζα bei Kedrenos (ed. Bonn.) II, 436, 19; Zonaras III 548, 15; Ephraem (ed. Bonn.) 241, 252, εἰς Τριάδιτζαν Niketas Choniates (ed. Bonn.) 520, 17; (κατὰ τὴν Τριάδιτζαν daselbst 568, 20), Jo. Skylitzes (ed. Bonn.) 645, 20; Synopsis Sathas 387, 3 (sonst in letzterem Text einfach Τριάδιτζα 242, 5; 406, 5), Bei Leo Diaconus X 8 (ed. Bonn. 171, 10) heißt die Stadt Τράλιτζα. Ein ähnlicher Fall ist wohl in Τρεάζιστα zu sehen, welches urkundl. a. 1361 bei Solovjev-Mošin S. 204, 40 belegt ist und von den Herausgebern aus einem slav. *Strěžisko gedeutet wird.

 

β) Ein Hinzutreten eines Σ- ist ebenfalls durch die Verbindung mit dieser Präposition zu erklären. Wir können es belegen im Namen der ostbulgarischen Stadt Tъrnovo, die bei Georg. Akropol. (ed. Heisenberg, Index s. v.) sowohl als Τρίναβος wie auch als Στρίναβος erscheint. Ferner kann in unserem Material auf diese Weise verstanden werden: Σπλάντζα (Preveza) aus *Planinica; Στρεβίνα (Arta) aus *Trěbьno.

Bei dieser Gelegenheit mag auch angeführt werden Δίου Μονή für Στουδίου Μονή bei Psellos, Chronogr. (ed. Sathas, S. 273 Index), wo Στουδίου zerlegt worden ist in ᾿ς τοῦ Δίου. Schließlich ist Σουδενά aus Στουδενά (Joannina) am leichtesten durch Dissimilation zweier στ-στ in der Verbindung mit der Präposition zu verstehen. Vgl. oben S. 257.

 

 

d) Anlautsschwankungen zwichen Κ : Γ, Π : Β usw. erklären sich ebenfalls durch Sandhiverhältnisse. Lautgesetzlich hieß es zur Zeit der Slaveninvasion: Κώμη : Acc. τὴν Gώμην, Πέτρα : Acc. τὴμ Βέτραν, Τράπεζα : Acc. τὴν Δράπεζαν, da die Lautverbindungen m + p, ?? + k, n + t im Griechischen zu mb, ??g, nd geworden waren. Auch bei Wörtern mit anlautendem Β, Γ, Δ muß im Frühmittelgriechischen eine Anlautsschwankung bestanden haben, als diese Laute schon spirantisch geworden waren; denn m den Verbindungen μß, γγ, νδ war der zweite Bestandteil explosiv geblieben. Es muß also Βασιλική mit v, aber τὴν Βασιλικήν mit b gesprochen worden sein, ebenso Γοργοπόταμος mit spirantischem γ, τὸν Γοργοπόταμον mit g, Δημητριάδα Nom. sing. mit d, aber Acc. s. τὴν Δημητριάδα(ν) mit d. Die letztere Art von Anlautsschwankungen wird bewiesen durch heute noch zu beobachtende Scwankungen im epirotischen Dialekt, wo N. s. Βριάζα, Acc. s. Μπριάζα verzeichnet wird ΗΧ IX 223. Ihr verdankt schließlich

 

 

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auch eine Form wie Βράγα für *Praga »Prag« bei Laon. Chalkond. I 124 ihre Entstehung. Nach solchen Verhältnissen konnten auch die aus dem Slavischen stammenden ON in ihrem anlaut umgestaltet werden. Vgl. auch Georgakas, ΗΧ XII 184, Ἀθηνᾶ 47, 248 ff.

α) So erklärt sich das Κ in Κορίτσα aus Γορίτσα: *Gorica, ferner Κλόκοβα (Achaia), Κλόκοβον (Akarnanien) neben sonstigem Γλογοβός: *Glogovo; Κορνίλογγος (a. 1300, Chalkidike) aus *Gorьnъ̂jь Lǫ; Κριμπαβίτσα (a. 1804, Athos) neben Κυρπαβίτσα (a. 1848, daselbst) aus *Gr̥bavica; auch der epirotische PN Γλαβᾶς aus slav. glava hat neben sich ein Κλάβας nach ΗΧ IV 26; Κραμποβός (Arkadien): *Grabovo; Κριβιτσά neben Γριβιτσά (Messenien): *Grivica; Κουρμπάτσι (Euboia), Κρεμπάτσι (Böotien): *Gъrbačь; Κλίνιτσα berg (Arkadien): *Glinica; Καρδίτσα 1. Βöotien, 2. Thessalien: *Gordьcь, Gradьcь; Κρατσίτσα (Eurytanien): ?Gradъčьcь; Καρδίκι (Joannina): *Gordьkъ, Vorstufe von Gradьcь. Umgekehrt kann durch Verallgemeinerung des stimmhaften Anlauts aus dem Acc. sing. auch im Nom. sing. ein Γ- für ursprüngliches Κ- eintreten. Z. B. Γρεμμενίτσα (Arta): *Kremenьnica; Γράλιτσα (Karditsa): *Kraljišče : *kraljь »König«; endlich liegt ein Schwanken im Anlaut vor bei Γκομπλάρι, Κομπλάρι (Kozani) aus *Kъbьlari, woraus schon slavisch *Koblari.

 

β) Auf diese Weise findet auch das Π eine Erklärung in Πάνιτσα 1. Trikkala, 2. Lakonien aus *Banjica; auch Πανίτσα 1. Argolis, 2. Triphylien aus der gleichen Quelle. Noch häufiger sind die Fälle, wo int solcher Anlautsschwankungen ein slav. P- durch Μπ- wiedergegeben wurde. Es ist eine Verallgemeinerung des im Acc. sing. lautgesetzlichen Anlautes: Μπουστερή (Joannina), auch das Lehnwort μπισταρή »Höhle«, aus peštera; Μπονδάρι (Preveza) aus *Pǫdari; Μπλίσκα (Arta), zu Πλίσκα, Πλίσκοβα (letzteres bei Anna Komnena VII 2 und Kedrenr II 452, 15), dazu kommt Πλίσκουβα bei Leo Diaconus, Hist. VIII 8 (ed. Bonn. S. 138, 10) für die gleiche Stadt in Bulgarien: slav. *Plьska, *Plьskovъ; Μπονίκεβος, Μπονίκοβον (Akarnanien): *Ponikъva; Μπρέσακον (Akarnanien): *Prěsěkъ, Μπεστινίκα (Magnesia, Thessalien): *Peštьnikъ; Μποβέρχι (Arkadien): skr. Povrh.

 

γ) Für slav. d konnte im Nom. sing. ein griech. Τ eintreten: Τραγανόν (Achaia): ? PN Draganъ; Τόμπραινα (Chalkidike), wenn griech. Neubildung vom PN Τόμπρος: slav. dobrъ »gut«; Τόμπρα (Lakonien): *Dobra; Auch hier ist umgekehrt der Fall emgetreten, daß durch Verallgemeinerung des stimmhaften Anlauts aus dem Acc. sing. für slav. t ein griech. δ erscheint: Διχομήριv (Arta): PN Tichomirъ, Tichoměrъ, vgl. Τειχομηρός »Bulgariae rex«, Zonaras III 599, 9; 12; 600, 4; Δερμπούνι (Arkadien): *Terbyni, skr. Trebinje; Δρεστενά 1. Phokis, Achaia, neben sonstigem Τρεστενά (Arkadien) aus *Trьstěna, bzw. *Trъstěna; Δρεστενῖκον neben Ντρεστενῖκον (Joannina): Trьstěn(ьn)ikъ, *Trъstěnikъ.

 

 

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e) Anlautendes ζ für slav. č oder τσ für slav. z. Eine solche unregelmäßige Lautvertretung wird begreiflich, wenn man die Beobachtung in HX IX 241 berücksichtigt, wonach ein Bach im Kr. Konitsa Ζαρνοβόντα, aber im Loc. sing. στ' Τζιαρνοβόντα heißt. Danach glaube ich Ζαρνάτα (Lakonien) von slav. *Čьrnatъ herleiten zu können; Ζαρνάτας κάστρον bei Phrantzes. Umgekehrt findet sich Τζελενίκα auf Samothrake, das von *Zelenika abzuleiten ist.

 

 

§ 16. Griechische Volksetymologie. Die große Häufigkeit von Volksetymologie gerade bei Ortsnamen ist bereits vor langer Zeit von Dossios, BB VI 232 ff. erkannt worden. Aus unserem Material lassen sich dafür ebenfalls Beispiele beibringen. Ein eigenartiger Fall ist Μεσολογγόστιον (Kozani), dessen slavischer Name von. K. als Mislegošti festgestellt wird. Es ist also eine Ableitung von einem PN Myslegostь, angelehnt an den Namen von Μεσολόγγι, wobei auch der griechische dialektische Wandel von rəg zu g die Anlehnung förderte. Der Name von Κρύφοβο (Joannina) stammt aus *Krivovo von Krivъ, ist aber beeinflußt von κρυφός »heimlich«. Ἡγουμενίτσα (Joannina) aus slav. *Gumьnьnica ist angeglichen an griech. ἡγούμενος, Τυφλοσέλι (Trikkala) beruht auf *Teplo Selo »Warmdorf«, es hat sich aber τυφλός »blind« eingemischt. Νικοσλάβη (Nigrita) stammt vom PN Něgoslavъ, hat aber eine Angleichung an Namen wie Νικόλαος, Νῖκος durchgemacht. Μωρόσκλαβον (Akarnanien) ist wohl am besten als Ableitung vom PN Miroslavъ anzusehen, mit Anknüpfung an μωρός. Namen wie Μυλόγουστα (Larissa) aus *Milogošča, Μυλωβός (Katerini): Milovo oder Βουγόμυλος (Phthiotis) sind vielleicht nur graphisch an μύλος, μύλη angeglichen. Für Βουγόμυλος gibt es noch die Nebenform Μπουγομῆλα (Phthiotis), die dem griech. μῆλον, μηλιά angepaßt ist. Βαρυμπόπη 1. Euboia, 2. Triphylien, Βαρυμπόπι (Attika), Βαρυπόμπη (Euboia) stammen aus slav. *Varibobъ, zeigen aber graphische Anpassung an βαρύς. Fälle wie Γιαβόργιαννη (Voden) zeigen graphische Anlehnung an die Präposition γιά = διά und sind wohl in der Schreibung der Endung von Namen wie Γιάννης abhängig. Wenn Καλλιανοί (Euboia), Καλλιάνοι (Arkadien), Καλλιανή (Kozani) mit λλ geschrieben werden, dann ist wohl dafür das graphische Vorbild von klassischen Namen wie Καλλίμαχος, Καλλικρατίδης, Καλλίνικος verantwortlich zu machen. Μύροβον (Kilkis), Μυροσλάβιστα (Kastoria) aus Mirovo, Miroslavište zeigen Anlehnung an griech. μύρον. Τειχομηρός Bulgariae rex (Zonaras, siehe oben S. 260) ist an τεῖχος angeglichenes slav. Tichoměrъ. Eine ähnliche graphische Anpassung zeigt Τειχοπολιανή (Joannina) : *Tichopoljane. Ebenso häufig zeigen auch slavische PN bei den Byzantinern ähnliche volksetymologische Beeinflussungen, z. B. Ἱερόσθλαβος, Jaroslav von Rußland, bei Kedrenos, II 515. 6, ist angelehnt an ἱερός.

 

 

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§ 17.  Morphologische Veränderungen.

 

Die Umgestaltungen der slavischen Namen durch die Griechen sind durch Lautveränderungen und Volksetymologie nicht erschöpft. Es lassen sich auch morphologische Veränderungen feststellen, von denen die wichtigsten hier zur Sprache kommen sollen; teils handelt es sich um Umgestaltungen vorhandener Formantien, teils um griechische Ableitungen von slavischen Wurzeln.

 

1. In den weitaus meisten Fällen findet sich für die slavischen ā-Stämme die Vertretung durch griechische Formen auf -α: Ἀραχοβίτσα (oft) für *Orěchovica, Γρανίτσα (mehrfach) für *Granica usw.

 

2. In verschiedenen Fällen läßt sich aber griech. -α an Stelle eines zu erwartenden -i nachweisen. Z. B. Καρδίτσα (Thessalien) aus *Gordьcь, auch Γαρδίτσα (Triphylien) aus der gleichen Quelle. Hier wäre zunächst *Γαρδίτσι zu erwarten. Ein derartiger Name erschien aber vom Standpunkt der spätgriech. Wortbildimg als Deminutivum und es wurde dann dazu auf griechischem Boden ein Augmentativum auf -α gebildet, ähnlich wie ngr. βελόνα, σμίλα, σταφύλα zu βελόνι, σμιλί, σταφύλι, wozu Hatzidakis, Einl. 93 ff. Vgl. aber S. 308.

 

3. Manchmal kann für slav. -a statt des zu erwartenden -α ein -η treten. Besonders klar ist das bei ngr. dial. μπιστερή »Höhle« (Epirus) aus bulg. peštera, wozu G. Meyer, Ngr. Stud. II 44, πλανινή als Appellativum urk. a. 1345 im Gebiet von Serres, s. Mikl.-Müller V 113, aus slav. planiná »Gebirge, hoher Berg«. In ON: Γολέμη 1. Akarnanien, 2. Triphylien (wo auch als Γολέμι verzeichnet) aus *Golema; Λεντίνη (Eurytanien): *Lędina; Κίσελη (Phthiotis): *Kysela; Πολιανή (Messenien), Πόλιανη (Pella) neben sonstigem Πολιάνα (mehrfach): *Poljana; Βύδαβη, Βυδάβη (Phokis): *Vidova; Μπλάτση (Kastoria): Blatca bei K.; Ῥεντίνη 1. Kr. Katerini, 2. Chalkidike: *Rędina; Ζηλεούστη (Arta): *Želigošča usw. Aus dem Mittelgriech. werden ähnliche Fälle nichtslavischer Herkunft mit -η für -α beigebracht von Psaltis, Gramm. 141 ff.

 

4. In zahlreichen Fällen läßt sich griech. -η als Ersatz für mask. slavische Pluralbildungen mit -i (das seinerseits auf älteres slav. -e zurückgehen kann) nachweisen. Da diese Erscheinung zunächst befremden muß, führe ich möglichst viele Beispiele aus dem zweisprachig überlieferten Material an: Μόκραινη (Kastoria): Mokreni K.; Νεβόλιανη (Florina): Nevoljani K.; Λάζενη (Florina): Laženi; Γκλομποτσάνη (Florina): Glъmbočani K.; Γκρένση (Kastoria): Gorenci K.; Δόλιανη (Kastoria): Doleni K.; Δρανοβένη (Kastoria): Drěnoveni K.; Δέμπενη (Kastoria): Dъmbeni K.; Ζαγοριτσάνη (Kastoria): Zagoričani K.; Γιαννοβαίνη (Kastoria): Janoveni K.; Γκέρλιανη (Kastoria): Gъrleni K.; Μπρέστενη (Kastoria): Breščeni K.; Κουτσκοβαίνη (Florina): Kučkoveni K.; Ζαμπύρδενη (Kastoria): Zabъrdeni K.; Ζούζιλτση (Kastoria): Žuželci K.; Λουζιανή (Kozani): *Lǫžane; Βύσανη (Florina): Višeni K.; Βοσταράνη (Florina): Voštareni K.; Βιρμπένη (Florina): Vъrbeni K. Wegen dieser

 

 

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gesicherten Entsprechungen sind wir berechtigt, ähnliche Veränderungen auch bei etymologischen Deutungen vorauszusetzen. Daher fasse ich Βέλλιανη (Joannina) auf als *Běljani, *Běljane; ferner: Βήσανη (Joannina): *Vyšane; Βίσιανη (Konitsa) ebenso; Βούρμπιανη (Joannina): *Vьrbjane; Γόριανη (Joannina): *Gorjane; Δόλιανη (Joannina), heute auch Δολιανά, urkundl. a. 1361 noch Δολιανοί, als *Doljani; Ζαγόριανη (Joannina): *Zagorjani; Κοβίλιανη (Joannina): *Kobyljani; Κορύστιανη (Joannina): Koryštani; Γούστιανη (Akarnanien): *Gǫščani; Σελίτσανη (Larissa): *Selьčani; Σέλιανη (Phthiotis): *Seljani; Τσαριτσάνη (Larissa): *Zarěčani; Σιροτσάνη (Kozani): *Širočani.

 

5. In einigen Fällen kann die Endung -η einem auslautenden -ь oder der Palatalität von Konsonanten eines slavischen Namens entsprechen, die später im Slav. schwinden konnte. Z. B. Μπελκαμένη (Florina): Bělъ Kamenь K.; oder Νεγοβάνη (Florina): Adj. Něgovanjь: PN Něgovanъ, heute heißt der Ort nach K. Negovan. In anderen Fällen steckt in dem -η offenbar der vulgärgriech. Gen. sing. -η eines Personennamens auf -ης. Z. B. Κράλη (Achaia) neben Κράλι zu slav. kraljь.

 

6. Nicht ganz klar ist der Fall Στρῶμη (Phokis) neben Στρώμνη. Am leichtesten ist Στρῶμη vom alten slav. Nom. sing. *strumy, G. *strumene aus zu verstehen. Das n konnte von den obliquen Kasus aus eingeführt werden.

 

7. Griech. -αινα, -αινον lagen in echt griechischen Ableitungen vor. Vgl. dazu Georgakas, Ἀθηνᾶ 48, 15 ff., der allerdings auch einige von mir für slavisch gehaltene Bildungen als echt griechisch ansieht. Das häufige Vorkommen solcher echt griechischer Ableitungen auf -αινα, -αινον ist wohl der Grund, warum slavische ON auf -ьna, -ьno durch diese griechischen Wortbildungselemente ersetzt wurden. In Nordgriechenland wurde dieser Ersatz durch die Vokalverengung begünstigt, die unbetontes e zu i werden ließ. So erklärt sich: Σκλάταινα (Trikkala-Karditsa): *Slatina, Βέρβαινα (Arkadien): *Vьrbьna; Ἀραγόζαινα (Achaia): *Rogozьna; Βρέσταινα (Achaia): *Brěstьna; Δόμβραινα (Böotien): *Dǫbrьna; Κοτέλαινα (Joannina): *Kotelьna; Συλίβαινα (Achaia): *Slivьna; Καρύταινα (Arkadien): *Korytьna usw. Manchmal ist -ьna auch durch griech. -ενή ersetzt: Βερβενή (Blis): *Vьrbьna; Ῥαβαινή (Joannina): *Ravьna. Fürs Neutrum -ьno, das ersetzt wurde durch -αινον, mögen als Beispiele dienen: Σκλήβαινον (Trikkala): *Slivьno; Ῥηγόζαινον (Phthiotis): *Rogozьno.

 

8. Griechische Deminutivbildungen auf -άκι sind: Γαρδικάκι (Phthiotis) von Γαρδίκι; Μεσολογγάκι (Elis) von Μεσολόγγι, Πετοράκι (Florina): K. Petorica; eine griechische Einführung dieses Suffixes ist anzunehmen bei Ποτάκι (Euboia) für *Ποτόκι: *Potokъ. Dazu weitere Beispiele bei Dieteerich, Balkan-Archiv IV 136 ff.

 

9. Griechische Ableitungen auf -άτα finden sieh in großer Zahl auf den Jonischen Inseln: Μοντεσαντάτα: ital. Monte Santo; Φραγκάτα : φράγκος, Σβορωνάτα : Σβορῶνος, Σολωμάτα : Σολωμός. In slavischen Namen zeigt sich

 

 

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diese Bildung nur bei Χελμάτα (Kephallenia) von Χελμός: *Chъlmъ. Hierher gestellt werden kann auch -ατες in Πινακάτες (Magnesia), wozu Στανιάτες (Böotien): στάνη: slav. stanъ tritt. Eine Erweiterung dieser Bildungen durch -ικα liegt vor in Μπογδανάτικα (Kerkyra): Bogdan.

 

10. Bildungen auf -άδες pl. haben zur Entstehung solcher Formen beigetragen wie Γαλιτσάδες (Euboia): *Γαλιτσά: *Galičь, Γοριανάδες (Eurytanien): *Gorjane.

 

11. Das griech. Deminutivsuffix -άρι findet sich in λογγάρι (Arkadien): Λόγγος, Λογγός. Nicht bestimmt dieser Bildung anzureihen ist: Ζαγανιάρι (Andros): *zagonъ.

 

12. Griechische Pluralbildungen auf -ες zu N. sing. -α sind durchaus begreiflich: Γκαμενίτσες (Joannina): *Kamenica; Καρούτες (Phokis): Καρούτα; Γλίνες (Akarnanien): *Glina; Μοκίλες (Kerkyra): *Mogyla, Βελιές (Lakonien): *Velь̂ja; Βελιτσές (Achaia): *Bělica. In einem Fall wie Νεγράδες (Joannina) ist man versucht, das -ες für sekundär und als Grundform ein slav. *Novogradьcь anzusehen. Schwieriger ist die Entscheidung bei Νιαγάτες (Preveza): *Něgota PN.

 

13. Griechische Ableitungen auf -έϊκα lassen sich von slavischen Wurzeln feststellen in: Γρανιτσέϊκα (Elis): γρανίτσα; Σερβέϊκα (Arkadien): σέρβος; Σκλαβέϊκα (Triphylien): σκλάβος; Δερνικέϊκα (Arkadien): *Δέρνικος: *Der()nikъ »Kornelkirschort«.

 

14. Verhältnismäßig selten sind griechische Erweiterungen slavischen Namengutes durch -έλι: Βουλγαρέλι (Arta). Hierher gehören könnte auch Σωποτσέλι (Joannina): *sopotъ.

 

15. Ländernamen auf -ία haben das Vorbild geliefert für griechische Ableitungen wie: Βαγενετία (1361, Joannina): *Βαγενίτης: *Vojьna bzw. *Vojьnitь, Σκλαβηνία (Lakonien und sonst): Σκλαβηνοί: *Slověne; Ζαβαλτία (1358, Serrai): *Zaboltь̂je.

 

16. Griechische Bildungen auf -ιά, bes. Pflanzennamen, hat in großer Fülle Hatzidakis, MNE 2, 214 ff. zusammengestellt. Als griechische Neubildungen ähnlicher Art müssen beurteilt werden: Γραβιά 1. Joannina, 2. Phokis, 3. Adrianopel: γράβος; ebenso Γαβριά (Arta), Γαυριά (Arkadien), Γραμπιά (Euboia); nach diesem Muster konnten auch Bildungen auf -α umgestaltet werden, wie: Λαζινιά (Joannina): *Lazina; Λεσιά (Argolis): *Lěsa; Γλανιτσιά (Arkadien): *Klanica; Δουμπιά (Chalkidike): *Dǫ̂je.

 

17. In mehreren Fällen zeigen die griechischen ON -ια für slav. -a: Ζλίβια (Drama): *Sliva, Μπορίκια (Joannina): *Borika; Σμόκια (Joannina): *smoky, Καρούτια (Phokis), Καρύτια (Lakonien): *Koryto, viell. auch Τοπόλια 1. Kreta, 2. Böotien, 3. Phokis: *Topola. Die Umgestaltung erfolgte vielleicht nach den -ιά Fällen. Bei dem sehr ähnlichen Σμόλια (Trikkala) kann slav. *Smolь̂ja als Grundlage angenommen werden.

 

 

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18. Griechische Weiterbildungen auf -ικο, -ικα sind: Βουργάρικο: *bъlgarinъ; Πυροβίτσικα (Joannina): *Pyrovica; Τέρστικα (Florina): *Trьstь̂je; Σκλαβικά (Messenien): σκλάβος. Eine griech. Weiterbildung von -ικο auf -ικι ist Νεβεστίκι (Magnesia): slav. *nevěsta.

 

19. Bekanntlich entsprechen den agriech. Neutra auf -ιον im Mgr. solche auf -ιν, im Ngr. -ι. Die künstliche Schriftsprache hat für vulgäres -i heute noch die Entsprechung -ιον. Derartige Verhältnisse konnten dazu beitragen, daß die Kunstsprache zum volkstümlichen -i neue Nebenformen mit -ιον schuf, die keine historische Berechtigung hatten. Neben einem mgr. Γαρδίκιν (1319), ngr. Γαρδίκι konnte auf diese Weise ein künstliches Γαρδίκιον (Joannina) aufkommen, ebenso neben *Γκαλίτσι (Joannina): *Galičь ein Γκαλίτσιον; neben Γρεβενίτι (Γρεββενίτη A., Joannina) ein Γρεβενίτιον; neben Χλεμποτσάρι (Böotien) auch Χλεμποτσάριον. Eine ganz neue Bildung ist Ὀρυζάριον (Pella): K. Orizari. Ἀφτσάρι, Ἀξάριον (Rhaidestos) entspricht offenbar *Ovьčari; Γλουμποτσάρι (Joannina) wird älter sein als Γλουμποτσάριον usw. In solchen Fällen braucht die Deutung nicht von -ιον auszugehen, sondern kann die Form mit -ι als Ausgangspunkt benutzen.

 

20. Büdungen auf -ίτη sind offenkundige griech. Gen. sing. von Einwohnernamen auf -ίτης: Γρεβενίτη (Joannina) gehört zu Γρεβενά: *Grebenь; Ἀβορίτη (Phokis) zum ON Ἄβαρος; Λιμποχοβίτη (Preveza) zu Λιμπόχοβον; folglich könnte auch Λεσοβίτη (Triphylien) von *Λέσοβον abgeleitet sein.

 

21. Ableitungen auf -ίτικα sind auf griech. Boden von den Einwohnernamen auf -ίτης zustande gekommen. Z. B. Ἀραχοβίτικα (Korinth): Ἀραχόβα; Μπερζοβίτικα (Argolis) von *Μπέρζοβον: *Berzovo; Σελιανίτικα (Achaia): Σελλιανά: *Seljane; Νεζερίτικα (Achaia): Νεζερός : Ἐζερός.

 

22. Einwohnernamen auf –ιώτης, -ιώτισσα werden mitunter auch von slavischen ON gebildet. So erklärt sich: Ῥιβιώτισσα (Lakonien) von einem ON Ῥιβιό: *Rybь̂je; Νοβοσελιότες neben Νοβοσελῖται (1640, Serres), Ζαγοριώτης (Samothrake): Ζαγόρι: *Zagorь̂je. Griechische Bildungen s. bei Dieterich, Balkan-Archiv IV 107.

 

23. Bildungen mit -ίτσα, -ίτσι sind unter den slavischen ON häufig und enthalten meist diese Wortbildungselemente bereits in ihren slavischen Grundformen. Da es aber in mgr. Appellativa ebenfalls solche Wortbildungselemente gibt (dazu vgl. S. 8 und Amantos, Ἐλληνικά V 149), so ist zu untersuchen, wieweit griechische Neubildungen mit solchen Endungen möglich sind. In einigen wenigen Fällen halte ich griechische Entstehung für höchst wahrscheinlich. Z.B. bei Λογγίτσι (Phthiotis): Λόγγος, Λογγός; ferner bei Ῥεκίτσα (Lakonien): *Rěka; Βλογοκίτσα (1350, Achaia), neben Βλωβοκά (daselbst): *Glъboka. Diese Bildungen können nicht auf slavischem Boden gewachsen sein, weil sonst die Erhaltung des Gutturals vor dem i der Endung icht zu verstehen wäre. In slavischem Munde müßte es heißen: *Lǫžьcь, *Rěčica, *Glъbočica.

 

 

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24. Bildungen auf -ιανά, -ιανη. Oben ist schon von Δολιανά die Rede gewesen, das nachweislich auf Δολιανοί: slav. *Doljane, *Doljani zurückgeht. Ähnliche Bildungen sind Δερβιζιανά (Joannina), *Terbežь, evtl. *Terbežane; Σερβιανά (1321, Joannina), auch Σερβιανά (Arkadien, Chron. von Morea): skr. Srbljani; Μαγούλιανα (Arkadien): *Mogyljane usw. Wenn hier die Endung -ιανοι, durch -ιανα ersetzt wurde, so kann das durch Einfluß solcher griechischer Bildungen, wie Καστελλιανά, Δημητριανά, Δημητρουλιανά, Καπετανιανά, Στεφανιανά usw. geschehen sein. Daneben sind oben auch noch Umgestaltungen von -ane zu -ιανη beigebracht worden. Ihnen könnten auch ngr. Bildungen wie Καστάνιανη (Epirus): Καστανια als Muster gedient haben. Danach halte ich es für denkbar, daß auch Κορύτιανη (Joannina, Prevesa) durch griechische Neubildung von dem Lehnwort καρύτια, κορύτα zustande gekommen ist, da eine slavische Ableitung nur mit altem tj angenommen werden kann, das aber im Bulg. durch št vertreten wäre und in Κορύστιανη (Joannina) vorliegt. Die ältere tj-Bildung müßte *Καρούτιανη lauten. Trotz Heisenberg BZ XI 648 wüßte ich für den griech. ON Δημητσάνα keine slavische Deutung. Für mich ist es eine griech. Ableitung von Δημίτσας : Δημήτριος. Zu den griechischen Ableitungen auf -ιανά, -(ι)ᾶνοι vgl. auch Amantos, Suffixe 50 ff. und Georgakas, Ἀθηνᾶ 48, 76.

 

25. Genitivische Ortsnamen lassen sich in imserem Material mehrfach nachweisen. Z. B. Βοϊβόδα (Eurytanien), Βοϊβοδᾶ (Korinth), Βοϊβόντα (Arkadien) vom N. sing. βοεβόδας: slav. *vojevoda, wozu G. Meyer, Ngr. Stud. II 19. Ferner in Λίμνη τοῦ Βούλγαρη (Akarnanien), Κράλη (Achaia): slav. kraljь, woher N. sing. Κράλης; Gen. sing. liegen auch vor in Ἐλετςοῦ (Akarnanien) neben Ἐλετσόν, Ῥογκοβοῦ (Joannina), Λυσετζοῦ (1348, Karditsa), Λεπενοῦ (Akarnanien) neben λεπενόν, Πορετζοῦ (Elis), Ὀμπλοῦ (Achaia) neben Ὀμπλός (Chron. von Morea), Ῥάδου (Arkadien), Σέρβου neben Σέρβον (Arkadien); vielleicht ist auch Γαβριᾶς (Korinth): *Γαβριά oder Τσεροβᾶς (Lakonien): *Τσεροβά auf diese Weise entstanden. Aus Formen des Gen. pl. auf -ων stammen: Βουλγάρω (Thasos) und Σέρβον (Arkadien), aus *Σέρβων (so Schwyzer). Vgl. auch Nivero oben S. 258.

 

26. Das häufige griechische Wortbildungselement -ίδι ist in einem Falle als Ersatz für slav. -ivъ (vgl. die Beispiele bei Philindas, Gramm. 484 ff.) eingetreten: Πλιασίδι Berg in Thessalien: slav. *plěšivъ »glatzköpfig, kahl«. Eine ähnliche Erscheinung hegt auch im Lehnwort σαμοντίδα »gespenstisches Wesen« für *σαμοντίβα aus bulg. samodiva vor, wozu G. Meyer, Ngr. Stud. II 55.

 

27. Nur in wenigen Fällen läßt sich das Suffix -ούτσι bei ON slavischer Wurzel feststellen. Vgl. Χλουμούτσι (Elis): χλωμός (wozu S. 145), ferner Ζαραβούτσι (Joannina): *Zarovьcь. Es ist hier schwerlich mit rein lautlicher Wiedergabe eines slav. -ьcь zu rechnen, weil als solche nur Βερσοβίτσι (Elis) einerseits, Λιασκοβέτσι (Joannina) andererseits in Betracht kommen. Eher glaube ich an Einführung des griech. -ούτσι, wozu Philindas, Gramm. 498.

 

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