Die Slaven in Griechenland

Max Vasmer

 

Kap. III. Verzeichnis der slavischen geographischen Namen nach Landschaften geordnet:

 

6. Euboia

 

 

  1. Βαρυμπόπη / Βαρυπόμπη

  2. Βελόσια

  3. Βίρα

  4. Βιστρίτσα

  5. Βούζι

  6. Γαλιτσάδες

  7. Γραμπιά

  8. Δράζι

  9. Ζαπάντι

10. Ζάρκα

11. Καλέντζι

12. Καλλιάνοι

13. Κολιάνοι

14. Κουρμπάτσι

15. Λόκκα

16. Μπεζάνοι

17. Ποτάκι

18. Ῥεούζι

19. Χορτοκόπι

 

     

 

Da wir eindeutige Zeugnisse in historischen Quellen besitzen, die von Angriffen slavischer Seeräuber auf die Kykladen berichten, muß mit slavischen Namenspuren auf den nördlichen Inseln des Ägäischen Meeres gerechnet werden. Ausdrücklich von den Kykladen ist die Rede anläßlich eines Zuges slavischer Räuber auf ihren Einbäumen in den Acta S. Demetrii ed. Tougard S. 118. Daß von diesen Angreifern ein Teil sich auf den Inseln festsetzte und zurückblieb, zeigen die folgenden Spuren in Ortsnamen:

 

1. Βαρυμπόπη oder Βαρυπόμπη ON, Kr. Karystos (Lex.), Βαρυπόμπο (R.), Βαρυμπόπη bei Nuch. Ich gehe aus von einem PN *Varibobъ »Bohnenkocher«. Vgl. dazu die Bezeichnung einer Funktion bei einer ländlichen Hochzeit im skr. Varimeso »koche das Fleisch«, d. h. »einer, der die Fleischvorräte zur Hochzeit bereitzustellen hat« (s. Vuk, s. v. Varimeso). Man beachte auch ein ähnliches Kompositum im bulg. Varíklěčko »geiziger Mensch« (Gerov). Wenn eine Ortschaft »Bohnenkocher« heißt, so braucht der Name nicht unbedingt mit einem Hochzeitsbrauch zusammenzuhängen, sondern er kann sich auf die Sitte des Bohnenessens bei einem Feste der Panspermie beziehen, über die uns Schneeweis, Weihnachtsbräuche der Serbokroaten S. 210 auch Grund serbischer Quellen berichtet. Schließlich kann der ON auch Gen. sing. von einem PN sein. Letztere ist im Anfang des 19. Jahrhunderts bezeugt, z. B. ὁ Παπᾶς Βαριμπόπης, s. Ἀθηνᾶ 42, 119 ff. Abzu-

 

 

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lehnen ist aber der Versuch von Phurikis, Ἀθηνᾶ 42 (1930), 119 ff., diesen deutlich slavischen Namen ohne Angabe einer Etymologie für albanisch zu erklären.

 

2. Βελόσια ON, Kr. Karystos (Lex). Eine Ableitung von bělъ »weiß«. Vgl. mazed. Belušino (Bitolj), skr. Belušić.

 

3. Βίρα ON, Kr. Styra (Nuch., Stat. Ap.), fehlt im Lex. Es gehört zu skr. vr, G. vra »Wirbel, Tiefe im Muß«, bulg. vir »Wasserwirbel«. Auch in ON begegnet dieses Wort, so in skr. Vir (oft), bulg. Virove, Virjanska.

 

4. Βιστρίτσα ON, Kr. Histiaiōn (Nuch., R., Stat. Ap., Lex.). Zu slav. Bystrica, skr. bulg. Bistrica. Vgl. oben S. 103 und Hilferding I 293, Šišmanov, Bъlg. Prěgled IV (1897), Nr. 3 S. 91.

 

5. Βούζι ON, Kr. Aulōn (Nuch., Stat. Ap., Lex.). Bei R. heißt dieser Ort Μπούζι. Gehört zu dem slavischen Wort für »Holunder« *bъzъ, kann aber durch das ins Griechische entlehnte βούζι weitergetragen sein. Vgl. auch oben S. 25.

 

6. Γαλιτσάδες ON, Kr. Xerochori (Lex.), Γαλτσάδες ist nach R. III 14 ein Ort und ein Gebirge im Kr. Xerochori. Gehört wohl zu russ.-kslav. galica »Dohle«, bulg. gálica »Corvus cornix«. Vgl. mazed. ON Galčani, Galičnik, russ. Galičь (mehrfach). Zur Sippe s. Berneker EW I 293.

 

7. Γραμπιά ON, Kr. Karystos (Lex.). Hängt zweifellos zusammen mit dem slav. Worte für »Weißbuche«, skr. grȁb. Ein Lehnwort aus dem Slav. ist neugriech. γράβος im Epirus, s. G. Meyer, Neugr. Stud. II 24. Von einem ähnlichen späteren Lehnwort mit μπ kann obiges Γραμπιά eine griechische Neubildung sein.

 

8. Δράζι ON, Kr. Kēréōs (Nuch., Stat. Ap., Lex.). Es steckt wohl darin eine adjekt. Bildung *Dražь̂ zu slav. draga »Tal«. Vgl. skr. ON Draž, Draža Vas, sloven. Dražen Vrh usw.

 

9. Ζαπάντι ON, Kr. Karystos (Lex.). Zu skr. zȁpād »schattiger Ort«. Vgl. dazu oben S. 104.

 

10. Ζάρκα ON, Kr. Karystos (Lex.). Nach Geyer, Euboia 5, lautet heute der Name auch Zaraka. Er will daher den ngriech. ON vom altgriech. Ζάραξ »Berg an der engsten Stelle von Euboia, südlich von Dystos« ableiten. Weil man das alte Ζάραξ auch mit dem Καφηρεύς gleichgesetzt hat, ist die Identität mit Ζάρκα nicht sicher. Aus dem Slavischen könnte skr. Žarkovo, poln. Żarków und sehr häufiges poln. Žarki verglichen werden. Zu deuten wie oben S. 90 Nr. 48.

 

11. Καλέντζι ON, Kr. Tamyneōn (Lex., Stat. Ap.). Dafür bringt Nuch. die Form Καλέτζι. Wenn die letztere Form alt ist, könnte man sie mit altslav. kalьcь, Ableitung von kalъ »Kot, Schlamm« vergleichen. Man beachte häufiges sloven. Kal, auch skr. Kalac. Wenn der Nasal alt ist, müßte von mazed. Kalen usw. ausgegangen werden, dessen altslav. Demin. kalenьcь

 

 

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Loc s. Kalenьci lauten müßte. Aus dem Loc. sing. wäre der Schwund des inlautenden reduslerten Vokals am leichtesten zu erklären. Vgl. auch Šišmanov, Bъlg. Prěgled IV (1897), Nr. 3 S. 91.

 

12. Καλλιάνοι ON, Kr. Karystos (Lex.), Καλιανοῦ R., könnte als Ableitung *Kaljane von dem soeben genannten ON aufgefaßt werden. Es ist aber zu bedenken, daß -άνοι auch in griechischen Neubildungen erscheint wie Γραμματικιάνοι, Ἀνδρονιάνοι usw.

 

13. Κολιάνοι ON, Kr. Kotylaion (Nuch., Stat. Ap.3 R., Lex.). Am nächsten kommen dieser Form die skr. ON Koljane, Koljani.

 

14. Κουρμπάτσι ON, Kr. Xerochori (Lex.). Vielleicht aus slav. *Gъrbačь, vgl. Κριμπάτσι in Böotien.

 

15. Λόκκα ON, Kr. Karystos (Lex.). Sehr nahe läge die Vergleichung mit slav. lǫka »Wiese«, skr. lúka »Aue, Hafen«, bulg. lъká »Krümmung, Wiesenland«, aber sie würde hier einen slavischen Wandel von ǫ zu o voraussetzen, für den ich keine Parallelen in dieser und benachbarten Gegenden beibringen kann. Unsicher.

 

16. Μπεζάνοι ein ON, Kr. Karystos (Lex., R.), nach Šišmanov, Bъlg. Prěgled IV (1897), Nr. 3 S. 91, slävisch, ohne Angabe der Etymologie. Ich vergleiche skr. Bežanija, s. S. 42.

 

17. Ποτάκι ON, Kr. Xerochori (Lex.), dafür Ποτόκι bei Geyer, Euboia 93. Der Name erinnert an slav. potokъ »Bach«. Es befremdet aber die verschiedene Wiedergabe der slavischen o-Laute. Aus dem gleichen slavischen Namen will Šišmanov, Bъlg. Prěgled IV, Nr. 3 S. 87, den Namen eines Flusses Ποτόκι auf der Insel Samos erklären, wo ich sonst nichts Slavisches finden kann. Bei -άκι kann an Einführung eines griech. Suffixes gedacht werden.

 

18. Ῥεούζι ON, Kr. Karystos (Lex.), Ῥεγουίζι (R.). Wohl zu slav. rogozъ »Schilf«. Vgl. bulg. Rogozen, ι, sloven. Rogoza, skr. Rogoznica, Rogoža.

 

19. Χορτοκόπι ON, Kr. Chalkis (Lex.). Ich vergleiche mazed. Vъrtokop (Kъnčov 149), wozu weiter unten unter Βέρτεκοπ im G. Pella, und rechne mit einer Umgestaltung des ersten Teiles durch griechische Volksetymologie nach griech. χόρτος, χορτάρι.

 

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