Das Erzbistum des Method. Lage, Wirkung und Nachleben der kyrillomethodianischen Mission

Martin Eggers

 

3. ZUSAMMENFASSUNG UND ERGEBNISSE

 

 

Wie sich gezeigt hat, führte das 869/70 eingerichtete Erzbistum Methods den Namen "pannonische Erzdiözese" zu Recht, was von den Vertretern der "traditionellen" Ansetzung Moravias oft bestritten worden ist. Methods Erzdiözese nahm nämlich einen großen Teil (wenn auch nicht den gesamten Raum) der antiken römischen Provinz "Pannonia" ein, Allerdings bestand sie nicht ausschließlich aus dieser Provinz, wie I. Boba vennutet hatte. Vielmehr ist bereits für die Anfangszeit ein Teil des nördlichen "Dalmatia" hinzuzurechnen, vor allem aber ein Gebiet links der Donau, das im Altertum zum sarmatischen "Barbaricum" gehört hatte, im 9. Jhdt. aber durchaus unter dem Begriff "Pannonien" mit einbezogen werden konnte; es war dies eben das "eigentliche" Moravia im engeren Sinne.

 

Das "pannonische Erzbistum" entsprach zum Zeitpunkt seiner Einrichtung territorial den Machtbereichen von drei südslawischen Fürsten, die sich im wesentlichen in das frühere Gebiet des um 800 untergegangenen Awarenreiches teilten und in unterschiedlich intensiven Abhängigkeitsverhältnissen zum Ostfrankenreich standen, nämlich den Herrschaften des Kocel, des Raslislav und des Sventopulk.

 

Diesen weltlichen Machtkonzentrationen entsprachen die Missionsgebiete (mit Ambitionen auf deren spätere Eingliederung in die eigene Diözese) dreier kirchlicher Zentren des fränkischen Bereichs, des Erzbistums Salzburg, des Bistums Passau und des Patriarchats von Aquileia-Cividale.

 

Mil den Inhabern der beiden erstgenannten Sitze wie auch mit ihrem Freisinger Kollegen hatte sich Method in einem von 870 bis 873 währenden Konflikt auseinanderzusetzen. Während die Ansprüche Salzburgs in Übereinstimmung mit der bisherigen Forschung auf Transdanubien (Westungarn), also das damalige "Dukat" des Kocel, eingegrenzt wurden, konte im Lauf der Untersuchung erwiesen werden, daß Passau solche Ansprüche nicht etwa in Mähren, sondern im östlich der Donau gelegenen Teil des mittelalterlichen Ungarn erhob - und zwar noch gegen Ende des 10. Jhdts., als die Larcher Fälschungen des Bischofs Pilgrim von Passau entstanden, in denen diese Ansprüche deutlich formuliert sind.

 

Die "causa Methodii" wurde offenbar 873 von Rom aus so entschieden, daß die kirchliche Verfügungsgewalt über die mittlerweile von Sventopulk geeinten Territorien Moravias und Bosnien-Slawoniens bei Method verblieb, während das viel wirksamer in den ostfränkischen Reichsverband integrierte "Dukat" Kocels am Plattensee der bairischen Kirche überlassen wurde - also ein Kompromißentscheid.

 

Anders als mit der ostfränkisch-bairischen Kirchenhierarchie ergaben sich, abgesehen von anfänglichen liturgischen Differenzen, mit dem Patriarchat Aquileia keinerlei Schwierigkeiten. Wohl aber ist eine ganze Reihe von Kontakten nachweisbar, etwa kulture Eier oder auch personeller Art; auf liturgischem Gebiet führten diese offenbar weiter, als bisher angenommen wurde,

 

Irritierend für die "orthodoxen" Geschichtsschreiber "Großmährens" müßten die vielfältigen nachweislichen Kontakte Methods zu südslawischen Ländern sein. Dazu rechnet nicht nur die 873 von Rom angestrebte Eingliederung Serbiens unter Fürst Mutimir in die Erzdiözese Methods, deren tatsächliche Durchführung nicht stringent beweisbar, aber anhand zahlreicher indirekter Indizien sehr wahrscheinlich ist. Hierher zählen auch ein Eingreifen Methods in die Innenpolitk Kroatiens 879. seine Zusammenarbeit mit dem kroatischen Bischof Theodosius von Nona/Nin sowie ab 879 Parallelen in der kirchlichen Politik Moravias und Kroatiens; verwiesen sei schließlich auf die Verwendung desselben "Kontaktmannes" im diplomatischen Verkehr mit dem Heiligen Stuhl in Person des Priesters "Johannes de Veneliis". Auch wissen Konstantinos Porphyrogennetos

 

 

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und die Methodvita über Vorgänge in den südadriatischen Kleinstaaten Zachlumien und Narentanien zu berichten, in welche Method und Sventopulk involviert waren. [859]

 

Die Kontakte Methods zu diesen Fürstentümern, zu Serbien und Kroatien - letzteres sicher kein Teil seiner Erzdiözese! - sind nur denkbar über das territoriale Mittelglied des bosnisch-slawonischen Fürstentums Sventopulks, des "pannonischen Kroatien" der älteren Geschichtsschreibung; und wirklich ließen sich für eine geistliche Autorität Methods über dieses Gebiet etliche Zeugnisse beibringen.

 

Mit dieser günstigen Quellensituation kontrastiert ein deutlicher Mangel, was Methods angebliche Aktivitäten bei den Westslawen betrifft. Von vornherein außer Betracht bleiben muß dabei Mähren, das hier ja nicht mehr mit Moravia identifiziert, sondern in der betreffenden Zeit als ein Bestandteil Böhmens angesehen wird.

 

Aber auch für Böhmen selbst konnte aufgrund des eklatanten Mangels an zeitgenössischen Quellenbelegen eine Zugehörigkeit zu Methods Amtsbereich ausgeschlossen werden; dazu fügt sich die Erkenntnis, daß der offensichtlich für Böhmen zuständige Regensburger Bischof 870 keine Klage gegen Method führte. Behauptungen einheimischer böhmischer Quellen über eine angebliche Taufe des Herzogs Bořivoj durch Method und eine damit verbundene Mission Finden sich erst seit dem 12. Jhdt. und beruhen auf dem Bekanntwerden kyrillomethodianischer Schriften seit dem 11. Jhdt.; erst die Kenntnis - und topographische Fehl interprétation - dieser Schriften in Verbindung mit der Rezeption einiger fränkischer Quellen des 9./10. Jhdts. führte zu einer Identifizierung Moravias mit Mähren und zu einer Anbindung Böhmens an die Wirkungsgeschichte Methods.

 

Auf noch schwächeren Füßen steht die Theorie einer Tätigkeit Methods in Südpolen, die eigentlich nur auf der willkürlichen Interpretation einer Textstelle in seiner Vita beruht und auch von einem großen Teil der "traditionellen" Forscher abgelehnt wird.

 

Von den heute westslawischen Ländern ist also nur die Slowakei zur Erzdiözese Methods zu rechnen, da seit 880 Bischof Wiching als sein Suffragan in Nitra bezeugt ist. Die Frage nach den weiteren Suffraganen Methods hängt engstens zusammen mit derjenigen nach seiner Residenz; sollte nämlich Method wirklich bis 879/80 in seiner nominellen Metropole Sirmium, die doch recht zentral gelegen hätte, residiert haben (oder ganz ohne festen Sitz geblieben sein), so wäre es theoretisch möglich, den 879/80 belegten "Agathon von Morava" als einen damals in der Haupstadt Moravias sitzenden (und ihn während seiner Gefangenschaft vertretenden) Suffragan Methods zu betrachten; eventuell wäre er mit dem Methodschüler Gorazd zu identifizieren.

 

879/80 wäre Method dann in diese Hauptstadt Sventopulks, welche bereits in einer früheren Arbeit des Verf. hypothetisch mit dem späteren Marosvár/Csanád identifiziert wurde, übersiedelt und 885 in der dortigen Kathedrale begraben worden.

 

Die Frage der Gesamtzahl seiner Suffragane nach 880 wie auch der Ansetzung zweier von diesen in Serbien und Bosnien-Slawonien ist angesichts der sehr dürftigen Quellenlage nur mit Vorsicht zu beantworten, wobei für einen bosnischen Suffragan immerhin eine noch zu Ende des 12. Jhdts. bestehende Tradition sprechen würde.

 

Interessante Aufschlüsse über die Lage Moravias und des Wirkungsbereiches Methods geben die bei der Vertreibung seiner Schüler 885 von diesen gewählten Fluchtwege und -ziele, die allesamt in den angrenzenden südslawischen Bereich weisen. Das weitere Schicksal der Kirche Moravias nach dem Ableben Methods, etwa eine mögliche Umorganisierung 885 oder die Umstände der Reorganisation von 899/900, bleiben weitgehend im Dunkeln. Alles in allem gewinnt man aber den Eindruck, daß Methods Erzdiözese wesentlich weiter südlich angesiedelt werden muß, als bisher angenommen wurde.

 

 

859. Zu Zachlumien vgl. Eggers 1995, S.221 ff.; zu Narentanien (Paganien) ebd., S.295 Anm.11.

 

 

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Diese Überzeugung vermittelt auch die Untersuchung kyrillomethodianischer Traditionen, die auf Wurzeln des 9./10. Jhdts. zurückgehen: Durchgehend haben sie sich seit dieser Zeit nur bei den Südslawen erhalten.

 

Dies gilt zunächst einmal für das Weiterleben von Bistümern, die unter Method begründet wurden. Einziges einigermaßen gesichertes Beispiel für eine solche, seit dem 9. Jhdt. bestehende Tradition ist das - lange Zeit ohne festen Sitz existierende - Bistum in Bosnien, wie anhand der Berufung eines bosnischen Bischofs des 12. Jhdts. auf ein 880 Method erteiltes Privileg wahrscheinlich gemacht werden konnte.

 

Während das kroatische Bistum wohl schon vor der Errichtung von Methods Erzbistum begründet wurde und diesem nicht unterstellt war, ist es wahrscheinlich, daß in Serbien nach 873 ein solches Suffraganbistum entstand. Die Weiterexistenz eines Bistums im ehemaligen Kemgebiet Moravias, also im Süd westen des mittelalterlichen ungarischen Reiches, das im 10. Jhdt. eventuell nach Braničevo an der Donau verlegt wurde, läßt sich wiederum nur vermuten. Zwar existierte offenbar schon vor dem Amtsantritt des hl. Gerhard, also vor Beginn des 11. Jhdts., in Marosvár ein Bistum bulgarisch-byzantinischer Prägung, jedoch ist eine durchgängige Tradition seit dem Untergang Moravias nicht sicher zu belegen.

 

Dagegen lassen sich die Theorien über den kyrillomethodianischen Ursprung von Bistümern bzw. Erzbistümern in Mähren und Südpolen eindeutig zurückweisen. In diese Richtung zielende angebliche Traditionen entstanden frühestens im Hoch-, meist aber erst im Spätmittelalter, als die Identifizierung Moravias mit Mähren im katholischen Mitteleuropa bereits fest verankertes Gedankengut geworden war und eine "Translatio regni" von "Großmähren" nach Böhmen angenommen wurde. Im Falle Südpolens wurden derartige Hypothesen überhaupt erst von der modernen Historiographie anhand einer völlig ungenügenden Quellenbasis aufgestellt.

 

Bereits die Umstände der Einführung der slawischen Liturgie, die auf der griechischrömischen Mischform der "Petrus!iturgie” beruhte, verwiesen auf die spätantikc Präfektur IllyricunV' als Zielgebiet dieser Neuerung, also auf einen im 9. Jhdt. südslawisch besiedelten Raum. Besagte Liturgieform entsprach völlig logisch der Lage von Methods Erzdiözese im römisch-byzantinischen Spannungsfeld zu beiden Seiten der Demarkationslinie von 395 sowie im nördlich davon anschließenden "Niemandsland", das nie der römischen Provinzialeinteiiung unterworfen gewesen war und somit einen Zankapfel zwischen Ost und West bilden konnte. (Vgl. Karten 1, 2 und 6)

 

Ein Fonleben der slawischen Liturgie, wie sie von Kyrill und Method eingeführt wurde, ist in ihrer einzig hier relevanten, nämlich westkirchlichen Form als ein seit dem 9. Jhdt. durchgängig belegtes Phänomen ebenfalls nur bei einem südslawischen Volk belegt, nämlich bei den Kroaten, und zwar anhand eines reichen Quellenmaterials. Dagegen sind die einschlägigen Spuren in Bosnien und Serbien wesentlich spärlicher, einerseits wohl aufgrund einer weniger ausgeprägten Schriftlichkeit des bergigen Hinterlandes, andererseits auch durch die Folgeschäden der Türkenkriege. Nicht zuletzt wurden die Anhänger der slawischen Liturgie 885 aus dem Machtbereich Sventopulks verjagt und konnten nur in benachbarten Ländern diese Liturgieform weitergeben. Dem Befund im Falle der slawischen Liturgietradition entspricht es nur allzu gut, daß die Quellen als Fluchtziele stets "Dalmatien", "Moesien" sowie Bulgarien angeben, jedoch nie nördliche, also westslawische Territorien nennen.

 

Von Kroatien und Bulgarien strahlte die slawische Liturgiepraxis dann weiter aus, in erster Linie in die Kiewer Rus'; später und in geringerem Umfange gelangte sie auch nach Ungarn und Böhmen, schließlich nach Südpolen. Dabei ist für die böhmischen Länder etwa zeitgleich mit Ungarn ein erster Kontakt mit dem ostkirchlichen (bulgarisch-russischen) Zweig der slawischen Liturgie seit dem zweiten Drittel des 11. Jhdts. erkennbar. (Vgl. Karte 10).

 

 

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Doch auch mit der westkirchlichen, d.h, kroatischen Variante der slawischen Liturgie kann möglicherweise ein - wenn auch noch wenig bedeutender - Kontakt Böhmens schon zu Ende des 11, Jhdts. bestanden haben. Auf breiterer Basis und quellenmäßig sicherer belegbar gestaltete sich dieser Kontakt jedoch erst durch die Initiative Kaiser Karls IV. um die Mitte des 14. Jhdts.; von Böhmen aus erreichte ein schwacher Ableger dieser Richtung zu Ende des 14. Jhdts. Südpolen.

 

In den westslawischen Ländern war also die slawische Liturgie tatsächlich, wie eine oft zitierte Formulierung von V. Jagić lautet, eine "zarte Zimmerpflanze, die bei jedem rauheren Windhauch Schaden leiden mußte", [860] eine sekundäre Erscheinung, die nicht auf einheimische Traditionen zurückging. Im Bereich Ungarns ist zudem mit Interferenzen durch byzantinische Einflüsse des 10. bis 13. Jhdts. zu rechnen.

 

Ebenso ist zu betonen, daß die mit der kyrillomethodianischen Mission aufs engste verbundene " altkirchenslawische" Sprache südslawischer, genauer gesagt makedonischer Herkunft ist. Daher hat es a priori als wahrscheinlich zu gelten, daß sie in einem südslawischen Milieu, das nicht allzuweit von Mazedonien entfernt war, und nicht etwa unter Westslawen Verwendung fand. Dieser Frage sollte von slawistischer Seite unter den neu gewonnenen Aspekten verstärkt nachgegangen werden, wobei auch die nichtslawischen sprachlichen Einwirkungen auf das Altkirchenslawische vielleicht räumlich genauer fixiert werden könnten. Letztlich beweist ja auch die Beibehaltung der slawischen Liturgie bei den Kroaten eine größere sprachliche Nähe, während sie bei den Westslawen als fremdartige Erscheinung empfunden wurde.

 

Parallel dazu gestaltete sich das Schicksal der "Glagolica”, der von Kyrill entwickelten Schrift zur Darstellung der altkirchenslawischen Sprache. Aus den Umständen ihrer Entstehung ist zwar, anders als in der Sprachenfrage, kein sicherer Aufschluß über das angestrebte Verwendungsgebiet zu gewinnen. Erkennbar sind aber Bezüge zum norditalienischen Raum, zur byzantinischen Minuskel sowie zur Runenschrift der Awaren und Bulgarotürken. Mehr Hinweise in der gewünschten Richtung gibt hingegen die spätere Verbreitung der "Glagolica”, Während sie in Bulgarien - und von dort aus in allen slawischen Ländern orthodoxer Konfession - durch die fälschlich so benannte "Kyrillica" verdrängt wurde, prosperierte sie allein bei den Kroaten, in geringerem Maße und zeitlich beschränkt auch in Bosnien und Serbien. Zu epigraphischen Zwecken wurde sie so gut wie ausschließlich bei den Südslawen und hier wiederum seit dem 11. Jhdt. nur noch in Dalmatien und Istrien verwendet.

 

Eine solche Verwendung ist in den westslawischen Ländern wie auch in Ungarn völlig unbekannt. Die einzigen glagolitischen Handschriften dieses Bereiches wären die Kiewer Blätter und die Prager Fragmente - falls deren böhmische Herkunft sprachwissenschaftlich wirklich abzusichem wäre. Von historischer Warte aus wurde im Falle dieser beiden Denkmäler eine Einwirkung außerböhmischer Einflüsse zur Diskussion gestellt, doch kann das Problem letztendlich nur von Slawisten gelöst werden. Dasselbe gilt für die Beurteilung angeblicher "Bohemismen” in den kirchenslawischen Texten russischer, kroatischer und serbischer Redaktion.

 

Wie im Falle der Liturgie ließ sich auch bei den gesetzgeberischen Texten bzw. Übersetzungen, die Kyrill und Method zugeschrieben werden, ein etwas eindeutiger umschriebenes Zielgebiet ausmachen. Diese Texte mußten für ein Gebiet bestimmt sein, das unter dem Einfluß byzantinischer Kultur und byzantinischen Rechlsdenkens stand, womit das viel zu weit nördlich liegende Mähren ausscheidet. Wenn also die besagten Rechtstexte in Moravia und seinen Nebenländern verwendet werden sollten, so ist erneut südslawisches Gebiet mit teilweise spätrömisch-byzantinischem Traditionen ins Auge zu fassen.

 

 

860. Jagić 1913, S.108.

 

 

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Im Bereich des Heiligenkultes, der Patrozinien und Ortsnamen kyrillomethodianischer Prägung konnte im Untersuchungsgebiet ein eindeutiger Schwerpunkt der Verehrung Kyrills und Methods jeweils zu den korrekten, in den Viten der beiden Brüder überlieferten Todesdaten (14. Februar und 6. April) nur in Kroatien nachgewiesen werden; in Serbien war zumindest Methods Todestag bekannt. In Ungarn (ohne "Oberungarn") ist eine derartige Verehrung nicht nachzuweisen, in Böhmen und Mähren erst seit der Mitte des 14. Jhdts. als Folge des Interesses Karls IV., aber unter einem falschen Datum; von hier aus verbreitete sich die Verehrung der "‘Slawenlehrer" noch im 14, Jhdt. in die Slowakei und ins südliche Polen.

 

Die übrigen Heiligenkulte, die bisher in die Diskussion eingebracht wurden, sind für den Beweis einer kyrillomethodianischen Tradition schlichtweg nicht brauchbar, Klemens wurde nicht nur im gesamten Uniersuchungsgebiet, sondern in ganz Europa verehrt; Demetrius war vor allem bei den Ungarn und Südslawen beliebt, wobei hier allerdings sowohl eine Kultkontinuität wie auch spätere byzantinische Einflüsse nicht ausgeschlossen werden können. Die Verehrung des Gorazd in Südpolen schließlich entbehrt nachprüfbarer Quellenbelege, im makedonisch-albanischen Bereich ist sie dagegen erwiesen.

 

Das Gesamtbild des Schwerpunktes kyrillomethodianischer Traditionen wird verzerrt durch eine Fülle von Legenden böhmischer, in einigen Fällen auch mährischer oder slowakischer Herkunft, welche eine ebensolche Tradition vorspiegeln. Aber selbst hier konnte gezeigt werden, daß diese Legenden fast ausschließlich erst nach der von Karl IV. ausgelösten Initialzündung entstanden und für gewisse Zeit eine Eigendynamik entwickelten; schon im 15. Jhdt. war aber der Höhepunkt des kyrillomethodianischen Booms" in Böhmen überschritten: Die Hussiten knüpften nicht an diese vermeintliche "Volkstradition" an, und es lebte auch kein volkstümlicher Kult der beiden Brüder aus Thessalonike fort. Überhaupt werden sie vor Karl IV. in Böhmen nur von Cosmas von Prag († 1125) sowie dem ominösen "Christian" erwähnt, der in vorliegender Studie als annähernd mit Cosmas gleichzeitig datiert wurde; ihre Vorlagen konnten mit den Kontakten kirchlicher Kreise Böhmens nach Rußland und der von dort erfolgten Vermittlung kyrillomethodianischer Texte im 11. Jhdt. in Verbindung gebracht werden.

 

Es bleibt also abschließend festzuhalten, daß unter Berücksichtigung aller Faktoren von durchgängigen kyrillomethodianischen Traditionen seit dem 9. Jhdt. außer im besonderen Fall Bulgariens, wo sie seit 885 von den geflohenen Methodschülern vermittelt wurden, nur noch in Kroatien, in Bosnien sowie in wesentlich geringerem Maße in Serbien die Rede sein kann.

 

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